Zielekatalog Perspektive 2015 - 2020
© Berthold Perret • 23. April 2015
Asylanten
Zunächst einmal
möchte ich Überlegungen über den Begriff und unsere
sensible Verantwortung in dieser Hinsicht anstellen. Der
Begriff „Asyl“ impliziert in meinem Bewusstsein die Worte
„Hilfe“, „Zuflucht“, „Nächstenliebe“, „soziales
Bewusstsein“, „christliche Verantwortung“ und
„bürgerliche/menschliche Verantwortung“.
Aber wie geht man damit um?
Ich möchte an
dieser Stelle keine Ursachenforschung betreiben, aus
welchem Grund Menschen aus aller Welt in eine Notsituation
gelangen. Ich stelle für mich aber fest, dass auch wir
einen Anteil an der Verantwortlichkeit dafür tragen. Sei
es, dass wir Kriege führen (führten) oder sie in irgend
einer Form unterstützen, oder indem unsere Industrie und
unser Konsumbedarf andere Länder oder Kontinente durch
Ausbeutung der Bodenschätze oder Rodung der Wälder
beeinträchtigen, wir tragen auch dafür Verantwortung.
Lassen wir also die Ursachen einfach außer Acht. Versetzen
wir uns nun in die Gemüter der Hilfesuchenden, die unter
schlimmsten Umständen aus ihren beklagenswerten
Lebenssituationen flüchten. Wohin flüchten? Wie? Was
erwartet uns?
Die Weltgemeinschaft muss in diesem Fall reagieren. Die
Europäische Union macht es, indem sie die Aufnahme von
Flüchtlingen zusagt. Ein sachlich. nüchtern, berechneter
Schlüssel ergibt dann die Verteilung der Vertriebenen auf
die einzelnen Länder. In der Bundesrepublik setzt sich
diese Aufschlüsselung, ungeachtet ethnischer Hintergründe
und familiärer Zusammenhänge fort. Es wird schlicht und
einfach nach Aufnahmekapazität und manchmal sogar darüber
hinaus aufgeteilt.
Und eines Tages muss sich dann die Gemeinde Wachtendonk mit
der Aufnahme der Flüchtlinge befassen und eine allgemein
verträgliche Lösung, sowohl für die Bürger als auch für die
Asylanten herbeiführen.
Welches
ist denn nun die beste Lösung?
Bestandsaufnahme
Die Gemeinde hat
eine Verlagerung der unwürdigen Wohnsituation in den im
Industriegebiet aufgestellten Containern beschlossen. Wer
diesen Ort jemals besucht hat, der kann sich eine
Vorstellung davon machen. In dieser Hinsicht ist es sicher
unbeliebt, wenn man Vergleiche anstellt und sich fragt:
Müssen „die“ denn so wohnen wie wir? Haben „die“ nicht
dort, wo sie herkommen noch schlimmer gelebt? Müssen „die“
denn nun unbedingt alles haben? Diese Fragen sollte man
sich aber stellen und sinnvoll beantworten. Denn wenn man
nach Antworten sucht, muss man automatisch die Bevölkerung
von Wachtendonk samt ihrer Ängste und Sorgen mit
einbeziehen.
Anstelle der Container soll nun ein Asylantenwohnheim das
Zuhause für bis zu 40 Asylanten werden. Der Standort wurde
mit der Lessingstraße gefunden und der Baufortschritt lässt
wohl einen Baustopp, geschweige denn eine Umkehr, nicht
mehr zu! Die Kosten dafür tendieren in Richtung 1 000 000
€, die in nicht unerheblichem Masse im Haushalt der
Gemeinde Wachtendonk Niederschlag finden.
Was
wird sich ändern?
Die
Wachtendonker Asylanten werden zukünftig in einem
traditionell stabilen Bauwerk untergebracht werden. Der
Lebensraum wird sich bezüglich der nutzbaren Wohnfläche in
qm nicht wesentlich verändern. Die Lebensqualität wird
zumindest in der Anfangszeit verbessert werden, bis auch
das neue Gebäude dem Verschleiß unterworfen sein wird. Dem
Verschleiß, der sich aus der vorübergehenden
Lebenssituation seiner vorübergehenden Bewohner ergibt. Die
Vermutung liegt nahe, dass ein fortschreitender Verfall
einsetzen wird, der lediglich durch kontinuierliche Pflege
und den damit verbundenen Kosten, die der Gemeinde zufallen
werden, zu verlangsamen ist.
Die Anwohner der Lessingstrasse fühlen sich in ihrer
Wohnqualität beeinträchtigt. Ohne honorigen Mitmenschen
unserer Gemeinde zu nahe treten zu wollen, diese
Beeinträchtigung würden Sie ebenfalls empfinden und sich
ihr deshalb nicht unterwerfen wollen.
Gibt
es Alternativen?
Tröglitz ist überall
So titelte
Volker Schaffranke vom WDR am 08.04.2015 seinen Klartext
nach dem Brand im noch nicht fertiggestellten
Flüchtlingsheim in Tröglitz (Sachsen-Anhalt). Und mit
dieser Feststellung liefert er auch gleich einige
unterstützende Beweise und zählte weitere Bundesländer auf
in denen es Zwischenfälle in Bezug auf Asylantenheime
gegeben hat. Darunter auch weniger bekannte Orte wie das
fränkische Vorra oder Escheburg in unmittelbarer Nähe des
toleranten Hamburgs. Schaffranke beschränkt sich aber nicht
nur auf die Problematik der Bedrohung von Politikern aus
bestimmter Richtung und der kollektiven Unterbringung,
sondern auch des Verbotes der Arbeitsaufnahme und der in
der Bevölkerung entstehenden Ängste.
Sterben können wir auch zu Hause
Das ist die
Überschrift von Karsten Polke-Majewski zu seinem Bericht in
der Zeit vom 09.04.2015 über ein Akademikerpaar aus dem
Irak in Hamburg. Sie ist gerade über 30 und Radiologin, er
ist etwas älter und Ingenieur der Kommunikationstechnik.
Als Christin trägt sie kein Kopftuch. Seit 6 Monaten warten
die beiden und ihre beiden kleinen Töchter auf irgendein
Zeichen, das sie davor bewahrt in der Bundesrepublik
Deutschland den sozialen Tod zu erleiden. Als Flüchtlinge
dürfen sie derzeit nicht arbeiten!
Zwei von vielen Beispielen, die die Situation um die
Aufnahme von Flüchtlingen beschreiben.
Für mich ist es keine Frage des „ob“ sondern eher eine
Frage des „wie“ wir den Hilfe suchenden Menschen begegnen
und wie wir ihnen sinnvoll und effektiv helfen können ohne
unsere eigene Gesellschaft damit aus dem Gleichgewicht zu
bringen.
Wuppertal
Die Stadt
Wuppertal hat sich dieser Aufgabe von Beginn an anders
genähert. Oberbürgermeister Peter Jung führt dazu in einem
Gespräch mit der WZ am 08.04.2015 aus, dass sich das
Integrationsressort seiner Stadt von vornherein um eine
möglichst dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen bemüht
hat und dass man in Wuppertal den Menschen statt
Massenunterkünften ein möglichst normales, lebenswertes
Umfeld böte, weil man wisse, dass ein großer Teil von ihnen
traumatisiert sei! Außerdem biete man eine umfassende
Betreuung von der Sprachförderung bis zur
Arbeitsvermittlung. Er betont: Wir nehmen die Bürger mit
und bekommen positive Reaktionen.
Hans Jürgen
Lemmer, der Integrationsbeauftragte der Stadt Wuppertal
machte in einer gemeinsamen Sitzung von Innen-, Kommunal-
und Integrationsausschuss eine Rechnung auf. Der Grund für
die Orientierung an der dezentralen Unterbringung seien die
geringeren Kosten gegenüber Gemeinschaftsunterkünften. In
den beiden größten Übergangsheimen lägen die monatlichen
Kosten bei etwa 24 € pro Quadratmeter, bei der Anmietung
von Privatwohnungen betrage die Obergrenze der zu
bewilligenden Kaltmiete in Wuppertal jedoch nur 4,85 € pro
qm. Darüber hinaus entfielen auch die in
Gemeinschaftsunterkünften oftmals auftretenden Konflikte
zwischen den Bewohnern.
Zusammenfassung
In Wachtendonk
hat man sich für die Möglichkeit der
Gemeinschaftsunterbringung entschieden, die offenbar bei
der Bevölkerung eher Anlass zur Sorge gibt. Auch Konflikte
unter den oft ethnisch unterschiedlichen Gruppen sind in
der zukünftigen Unterbringung nicht auszuschliessen und
wirken beunruhigend.
Neben den enormen Baukosten für die Unterbringung der
Asylanten werden wohl auch die hohen Folgekosten den
Haushalt der Stadt zukünftig dauerhaft belasten.
Den angrenzenden Anwohnern der Lessingstrasse wurde mit der
Ansiedlung der Gemeinschaftsunterkunft kein Gefallen
erwiesen. Der Wertverlust der Gebäude zeichnet sich heute,
bevor das Asylantenwohnheim überhaupt in Betrieb genommen
ist, schon ab.
Eine Kuh, die zu diesem fortgeschrittenen Zeitpunkt schwer
vom Eis zu bekommen ist! Ein Baustopp würde die Bürger der
Gemeinde teuer zu stehen kommen. Eine andere Verwendung des
Gebäudes müsste vor Fertigstellung, besser noch umgehend
geprüft werden. Eine alternative Lösung bedarf der aktiven
Beteiligung der Bevölkerung. In diesem Falle wären
persönliche Gespräche mit Eigentümern freier Mietimmobilien
unerlässlich. Erfahrungen anderer Städte und Gemeinden
zeigen, dass Alternativen möglich und sogar weniger
kostspielig sind. Die Vorteile liegen eindeutig bei der
Bevölkerung. Wuppertal beweist, dass seine Bewohner eine
größere Akzeptanz gegenüber den Flüchtlingen zeigen und sie
sich obendrein auch in verstärktem Maße für die Integration
einsetzen. Ich möchte dieses Verhalten mit Phänomenen aus
der Natur vergleichen. Eine tierische Waise wird von
fremden Artgenossen immer aufgenommen und umsorgt. Sollten
wir Menschen, gerade in einer christlich geprägten Gegend
wie der unsrigen diese natürlichen Instinkte nicht mehr
besitzen.
Ich bin der Meinung, dass wir sie noch besitzen. Wir müssen
sie nur wieder erwecken!