Berthold Perret ganz privat.

In meiner Jugend wurde ich natürlich durch den Fußball geprägt. Wenn man in einer Stadt geboren wird, in der Fußball mehr als Religion denn als Sport betrachtet wird, dann kann man sich diesem Sog nur schwer entziehen. Darüber hinaus gab es zu der Zeit ohnehin nur zwei Farbkombinationen, die in dieser Region eine Rolle spielten. Die andere war „schwatz-gelb“ wie man im Pott sagt.

Aufgewachsen bin ich xenophil (fremdenfreundlich), weil der Pott durch die damalige Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte ohnehin eine Mischung ethnischer und religiöser Gruppen war. Italiener, Marokkaner, Spanier einfach alle Länder waren dort vertreten. Mein „bester Freund“ hieß Thomas und war der Sohn eines zugewanderten bulgarischen Arztes. Ja, Zuwanderung, die gab es früher auch schon einmal. Mit ihm verbrachte ich die meiste Zeit, vornehmlich auf dem Fahrrad, bis ich Fußball zu spielen begann. Diesem Hobby frönte ich, als mittelmäßig begabter Spieler, bis zum Eintritt in mein Berufsleben als Kreisklassespieler und später als Trainer einer Jugendmannschaft in Goch-Hassum. Das Ende meiner fußballerischen Karriere feierte ich allerdings in den Niederlanden, wo ich in einer Hallen-Fußballmannschaft aus Douane und Marechaussee in der niederländischen Liga viel erfolgreicher spielte.

1980 lernte ich an meiner damaligen Dienststelle meine erste Frau und heute „beste Freundin“ kennen. Sie begann gerade ihre Laufbahn bei der niederländischen Douane. Durch sie erlangte ich ganz schnell meine niederländischen Sprachkenntnisse, die mir fast zu muttersprachlichen Fähigkeiten gereichen. Auch wenn es eine Zeit gab, in der mir einige meiner niederländischen Verwandten sagten: „Jij spreekt Nederlands als een Turk!“ (Du sprichst niederländisch wie ein Türke) Diesen Satz brachten sie dann in feinstem Nijmeegs Platt. Im Laufe der Jahre wurde es dann allerdings besser!

Fünf Jahre nach der Eheschliessung mit meiner ersten Ehefrau, bekamen wir unsere Tochter Florence. Der Tatsache, dass niederländische Beamtinnen 6 Wochen nach der Niederkunft schon wieder arbeiten müssen, verdanke ich den Umstand, dass ich durch unseren gegenläufigen Schichtdienst, jeden Tag für 8 Stunden auch Mama sein durfte! Baby wickeln, Fläschchen geben, beruhigen, spazieren gehen, gehörten zu meiner familiären Grundausbildung. Wir „drei“ unterhalten immer noch ein sehr enges Verhältnis. Mittlerweile bin ich Opa von zwei entzückenden Enkelkindern.

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Mit der Unterstützung meiner damaligen Frau gründete ich mehrere Vereine und wurde aus „Dankbarkeit“ oder „Anerkennung“ auch gleich immer zum Präsidenten gewählt. Als Folge meines Engagements wuchsen die Vereine sehr schnell. Dadurch erweckte ich die Aufmerksamkeit in den jeweiligen Landesverbänden „FSG NRW e.V.“ und „BPV NRW e.V.“. Es folgten dann Ämter im Disziplinarausschuss, als Referent für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, als Vizepräsident und zu guter Letzt in beiden Verbänden auch als Präsident von über 40000 Mitgliedern.

In diese ehrenamtlich aktive Phase fiel auch die Grundsteinlegung der Vereinspartnerschaft (Jumelage) zwischen den Gocher und Redonnaiser Pétanquevereinen „PF Goch“ und „Pétanque Redonaise“, die in 2017 ihr 30 jähriges Bestehen feiert. Nicht zuletzt dank dieser intensiven, ja mittlerweile fast familiären Beziehungen habe ich meine französischen Sprachkenntnisse so sehr perfektionieren können, dass ich bei der Zollverwaltung knappe 2 Jahre nebenamtlich Französisch Unterricht erteilte.

Pétanque ist eine Sportart, die hier gerne als Jeu de Boules oder fälschlicherweise als Boccia bezeichnet wird. Mittwochs Abend sieht man auch am Friedensplatz während der Sommermonate Boulespieler des Vereines Wir 50+. Ich selbst spiele, seitdem ich nach Wachtendonk gezogen bin bei den Niederrheinischen Flachlandboulern in Kempen. Meine schönste Erinnerung hege ich an die offene russische Meisterschaft, die ich mit meiner ersten Frau und einem französischen Freund in dem wohl längsten Finale nach über dreieinhalb Stunden mit 13:10 gegen ein russisches Triplette aus Moskau entscheiden konnte. Badminton und Volleyball gehören für mich zu den Fitnesssportarten, die ich zum Ausgleich und mit Leidenschaft unter anderem in Winnekendonk spiele. Alte Freundschaften lassen mich an dieser Verbindung festhalten.

2011 fand ich nach der freundschaftlichen Trennung von meiner ersten Frau dank freundlicher Vermieter meine erste Wohnung auf dem Heideweg in Wankum. Und nachdem ich annähernd 80 Häuser am Niederrhein besichtigt hatte, fand ich dann in der Berliner Str. in Wachtendonk endlich mein neues Zuhause und liebenswerte Nachbarn. Hier schloss ich dann ganz schnell neue Freundschaften und zähle nicht nur zur Straßengemeinschaft sondern auch zu dem daraus resultierenden Kegelclub.

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Zeitgleich veränderte sich auch mein Privatleben, denn ich lernte meine kolumbianische Ehefrau kennen, die sich zu Besuch bei ihrem Bruder in Viersen aufhielt. Noch im gleichen Jahr stattete ich ihr einen Besuch in ihrer Heimat ab und erlebte in diesem Urlaub die wohl eindrucksvollsten Erlebnisse meines Lebens. Und dabei rede ich nicht über die natürliche Schönheit des Landes, über die große Gastfreundschaft seiner Bewohner und die köstlichen Früchte wie Bananen, Ananas oder Guanavanas. Ich rede von den vorweihnachtlichen Aufführungen der Weihnachtsgeschichte, die meine Frau dort im Auftrag ihres damaligen Arbeitgebers in den weniger favorisierten Wohngebieten organisierte. Zum Abschluss der Weihnachtsgeschichte war es mir vorbehalten den teilweise über tausend sehr armen Kindern eine Weihnachtstüte mit Süßigkeiten und Spielzeug überreichen zu dürfen. Das Glück und die Freude in den Gesichtern dieser Kinder trieb mir währenddessen die Tränen in die Augen und erfüllte mich selbst mit großer Zufriedenheit. Dort realisierte ich mir, wie gut es uns doch geht.

Mittlerweile bin ich mit meiner Frau schon fast drei Jahre verheiratet. Sie hat ihren Sprachkurs und auch ihren Integrationskurs mit großem Erfolg abgelegt und freut sich nun auf die Einbürgerung, die auf unseren Antrag im November stattfinden kann. Gegenwärtig profitiere ich davon, dass Spanisch, die Muttersprache meiner Frau ist und ich damit gerade neben Englisch, Französisch und Niederländisch, meine vierte Fremdsprache erlerne!