Die nächste Phase

Wir ziehen nach Frankreich

October 2022

Post für Bill

Ping … machte es auf meinem iPhone. Ein sicheres Zeichen dafür, dass ich eine SMS Nachricht oder wie wir sagen eine iMessage erhalten habe. Alle anderen Töne, bis auf den Klingelton meines Telefones, habe ich ausgeschaltet. Ich muss also schon auf's Telefon schauen, ob es eine andere Nachricht gibt. Dieser Ping bedeutet mir, dass ich sofort nachschaue, wer was geschrieben hat.

Die Nachricht war für Bill unseren Schäferhund. Und weil Bill noch nicht lesen kann und noch kein eigenes iPhone hat, wurde die Nachricht vom Versender an mich gerichtet. Ich las ihm aufmerksam vor. Es war eine Nachricht von Joy, Bill's Freundin vom Eyller See, die freundlicherweise von Reiner, dem Besitzer des anderen Telefones vom Tierischen ins Menschliche übersetzt worden war. Joy antwortete auf Bill's Anfrage, ob sie mit ihm während unseres anstehenden Aufenthaltes in Wachtendonk im November einen Spaziergang durch den Wald machen wolle. Joy fühlte sich geschmeichelt und freute sich, dass Bill sie nicht vergessen hatte. Sie sagte zu und beauftragte Reiner mit mir, dem anderen Besitzer eines Mobiltelefones, einen Termin zu vereinbaren.

Nichts leichter als das. Während unserer gemeinsamen Phase in Wachtendonk hatten wir das etliche Male getan. Wir waren ein eingespieltes Team, flexibel und immer gut aufgelegt. Prinzipiell freuten sich Mensch und Tier, dass man nicht einsam sondern gemeinsam spazieren ging.

In weniger als drei Wochen würden sich die beiden Freunde, sie ein Rhodesian Ridgeback und er ein Deutscher Schäferhund, dann nach fast drei Monaten Abstinenz wiedersehen.

Lego für Erwachsene

Ich bin kein Fan von IKEA, darum darum kaufe ich meine Möbel woanders. Der Zusammenbau der Möbel, die kryptischen Aufbauanleitungen. Das alles reizt mich zu sehr. Darum habe ich vor vielen Jahren das erste mal Möbel beim Dänischen Bettenlager gekauft. Eichenmöbel, schwere Eichenmöbel. Mit wenigen Bauteilen und recht stabilen Schrauben in überschaubarer Menge. Einfacher Aufbau mit geringem Zeitaufwand. Und Eichenmöbel gefallen mir.

Im Verlauf der Jahre musste ich einige male das Geschäftslokal wechseln. Als ich in Goch wohnte, war es in Goch. Freundliche und zuvorkommende Bedienung. Dann zog ich um nach Wachtendonk und musste meinen Bedarf in Kempen decken. Noch freundlichere und noch hilfsbereitere Mitarbeiter, die ich auch nach Jahren dort im Laden fand.

Bevor wir umzogen suchte ich noch zwei Bauteile. Für unser Bett eine Kopfstütze und für unseren Eßzimmertisch ein zweites Verlängerungsstück. Mittlerweile hatte sich der Name der Möbelstücke sowie auch der Handelskette verändert. Das Dänische Bettenlager hieß nun Jysk und unsere Eichenmöbel nicht mehr Herkules. Die Modelle waren jedoch alle geblieben. Also fragte ich in Kempen, ob sie die gewünschten Teile unter der alten Bezeichnung noch hätten. Mit zunächst großer Enttäuschung nahm ich das "Nein, leider nicht" entgegen um dann im nächsten Satz mitgeteilt zu bekommen, dass die hübsche junge Mitarbeiterin einmal im Bestand forschen wolle, ob es irgendwo in Deutschland diese Teile noch gäbe.

Bingo. Unsere Verlängerung gab es in Krefeld und dort sollte sie für nur 10 € abverkauft werden. 10 € war nur ein Bruchteil von den 99 €, die dieses Teil üblicherweise kostete. Ich ließ es mir rerservieren und wollte es zum Wochenende abholen. In diesem Moment waren wir bereits in vollem Umzugsstress. Weder Wohnzimmer noch Eßzimmer standen. Alles war bereits abgebaut. Ich fuhr also am Freitag nach Krefeld und holte die Original verpackte Verlängerung ab. Ich wußte, dass es farbliche Unterschiede geben konnte. Schließlich kaufte ich dieses Teil nun etliche Jahre später erst nach. Aber Eiche ist Eiche und zu den gegebenen Anlässen, zu denen sie Verwendung finden würde läge ohnehin eine Tischdecke auf dem Deckblatt.

Die Kopfstütze, ebenfalls als Abverkaufsmodell, gab es in Monschau zu 5 € statt 98 €. Da es sie ja nun ohnehin nicht mehr geben würde, war die Abholung in Monschau fraglos. Als ich dort war, eröffnete mir die hübsche Mitarbeiterin in der Eifel, dass sich noch eine weitere Kopfstütze auf Lager befände. Die könnte ich ebenfalls für 5 € erhalten. Natürlich nahm ich die mit, denn so lohnte sich die kostspielige Anreise in die Eifel gleich doppelt. Nach diesem Kauf schwor ich mir, nun immer zu Jysk zu fahren und zu fragen, was sie aus ihrem Lager alles abverkaufen möchten. Ich würde es kaufen.

Nun waren wir mittlerweile in Plusquellec und hatten auch schon begonnen unsere Möbel aufzubauen ohne die zusätzlichen Teile auch sofort zu verwenden. Als wir dann unsere Tischverlängerung auspackten, kam es wie es kommen musste. Das Holz war viel heller. Aber das hatten wir erwartet und haben es bewußt in Kauf genommen. Verwenden konnten wir die Verlängerung aber dennoch nicht. Als wir sie an den Tisch anbauten, trauten wir unseren Augen nicht. Dieses Verlängerungsstück war viel breiter als unser Tisch und das war nicht nur nicht schön sondern auch noch ein Verletzungsrisiko.

Als wir am 31.10.22 nach St. Brieuc fuhren, steuerten wir auf dem Rückweg in Plerin den ansässigen Jysk an. Ich fragte einen der freundlichen Mitarbeiter, ob wir unser Bauteil hier umtauschen könnten. Da er scheinbar noch nicht so lange bei diesem Unternehmen arbeitete, musste er die Chefin fragen. Und die teilte uns hocherfreut mit, dass man Ware mit Rechnungsnachweis in jedem Jysk zurück geben könne. Wir hatten jedoch weder das Teil noch die Rechnung mitgenommen, mussten also wiederkommen. Weil wir aber schon einmal da waren, erfüllte sich meine Frau den Wunsch zweier Schuhschränke. Ich stand dieser Kaufabsicht eher kritisch gegenüber. Weder mag ich Schuhschränke noch mag ich Schuhschränke die nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt sind wie der Rest unseres Mobiliars. Das ist meine Frau aber völlig Schnurz. Nach dem Motto, darf es noch etwas mehr sein, kommen noch Kerzen, ein Korb, ein paar Stores und verschiedene andere Kleinteile dazu. So ein Einkauf muss sich doch lohnen.

Nun waren wir also stolze Besitzer zweier häßlicher Schuhschränke. Und wie bei IKEA, werden die bei Jysk auch als Bausätze geliefert. Hierbei reden wir aber nicht von der hochwertigen Eichenmöbel Struktur, die einfach und schnell aufzubauen ist. Hierbei reden wir nun über Lego für Erwachsene. Genauso wie bei IKEA. Mir widerstrebte schon der Gedanke, diese Dinger aufbauen zu müssen. Ich wollte sie aber auch nicht im Keller verkommen lassen. Wir hatten sie als treue Jysk Kunden zwar mit Rabatt bekommen, geschenkt haben wir sie dennoch nicht bekommen.

Und dann kam er
wieder, der Moment der Verzweiflung. Unser Chinese, der scheinbar exklusiv für uns arbeitet, hatte vermutlich tags zuvor wieder einen über den Durst getrunken. Und am nächsten Morgen hat der Knallkopp dann eine Doppelseite aus der Aufbauanleitung weggelassen. Dieser Typ lappt uns ständig solche Dinger. Wir haben schon ernsthaft über eine Beschwerdereise nach China nachgedacht um uns den Typen anzuschauen und ihm ins Gewissen zu reden.

Ihr werdet es nicht glauben, wir haben zu zweit eine komplette Schicht benötigt, um die Teile zusammen zu schustern.

Und nun stehen diese häßlichen Dinger Seite an Seite in unserem Flur. Glücklicherweise nicht sofort sichtbar. Ich versinke in Grund und Boden, wenn Gäste sie sehen. Zweimal habe ich schon versucht, vor dem Besuch Bettlaken darüber zu hängen. Das fand meine Frau überhaupt nicht lustig.

Diese unliebsamen Möbelstücke tragen nun die Schuld, dass ich neben IKEA auch JYSK nicht mehr betreten werde.

No way.

SFR oder Wenn ein Ausländer mit einem Ausländer

Seit unserem Umzug sind wir ja nun auch Ausländer. Glücklicherweise mit etwas mehr als rudimentären Sprachkenntnissen. Und ohne jemandem etwas vormachen zu wollen. Auch hier in Frankreich benötigt man einheimische Sprachkenntnisse wenngleich sich hier eine stattliche Anzahl von Ausländern niedergelassen hat.

Ich hatte, als wir noch auf dem Campingplatz in Bains sur Oust standen, mit Marie-Annicks freundlicher Unterstützung bei SFR einen Internetanschluss abgeschlossen. Unser erster Besuch galt in Redon dem Telekomladen. Sowohl Bernard als auch Pierre haben dort gearbeitet. Und ihr Vertrauen in die Telekom war ebenso ungebrochen und unbefleckt wie mein Verhältnis zur deutschen Telekom.

Aber alles Vertrauen nutzte nichts, wenn der Anbieter dir gar kein Angebot unterbreiten kann. So wechselten wir unverrichteter Dinge den Laden und fanden uns bei SFR wieder. Wie in Deutschland gibt es in Frankreich eine gleiche Konkurrenzsituation, die dafür sorgt, dass die Anbieter sich immer übertreffen möchten.

Bei SFR hatte ich dann mit meiner SFR Box 4 zumindest ein Produkt gefunden, dass ich bereits auf dem Campingplatz in Bains sur Oust nutzen konnte und das ich dann in unserem Haus in Plusquellec ebenfalls nutzen wollte. Bei dieser Box handelt es sich um nichts anderes als eine, in eine Hülle mit mehreren Schnittstellen gepackte SIM Karte. Quasi wie in jedem Mobiltelefon. Ich war total stolz. Für 20 € konnte ich 200 GB monatlich verbraten, unendlich telefonieren und das mit einer geilen Geschwindigkeit. Das war in Bains sur Oust und das liegt neben der Kantonstadt Redon und dort gibt es eine umfassende Netzabdeckung. Auch auf dem Campingplatz. Einfach an die Steckdose anschliessen, einschalten und lossurfen.

Und genau das wollte ich in unserem Haus in Plusquellec nun auch. Ran ans Stromnetz, einschalten und dann rasend schnell lossurfen. Da hatte ich aber die Rechnung ohne den Wirt aufgemacht. Hier ist nämlich die Netzabdeckung nicht ganz so ideal. Hier sieht es ja aus wie Sauerland oder zumindest Eifel. Hier wohnt ja keine Sau. Obwohl, die gibt es hier wohl. Dafür aber nur wenige Menschen. Mit wenigen Menschen kann man nur wenig Geld verdienen. Und dann kann mir diese Regionen durchaus auch vernachlässigen. Wir wohnen hier quasi in einer Wüste ohne Sand.

Ich musste also aktiv werden. So konnte das nicht weiter gehen. Im Dezember würden meine Tochter und alle Enkelkinder kommen. Da brauchste schon ein halbwegs funktionierendes Internet.

Ich beschloss also anzurufen.

Die erste gewonnene Erkenntnis. Auch in Frankreich kennt man Warteschleifen. Und auch hier muss man zunächst unzählige Auswahlen treffen bevor man jemanden an den Apparat bekommt. Glücklicherweise bin ich ein sehr geduldiger Typ, der zur Not auch 180 mal die Wahlwiederholungstaste drückt während er sich einen Kaffee nach dem anderen reinzieht. Tatsächlich musste ich bei diesem Anruf aber gar nicht so lange warten bis ich jemanden an den Hörer bekam. Mit den ersten Tönen konstatierte ich zwei Dinge. Erstens, dieser Mensch sprach schnell, verdammt schnell. Zweitens, dieser Mensch war vermutlich wie ich, auch kein Franzose. Er sprach mit Accent. Beide Fakten zusammen ergaben wir mich eine absolute Notsituation. Und deshalb warf ich in der ersten Sprechpause, die er einlegte, direkt mein Ausländerargument ein und bat ihn zumindest langsam zu sprechen weil ich als Ausländer aus Deutschland der Unterhaltung mit diesem Tempo nicht folgen kann.

Der gutre Mann erbarmte sich meiner und sprach ab sofort in einer Slow Motion Version. Ich erklärte ihm mein Anliegen und bat darum festzustellen, ob ich hier ein etwas schnelleres Internet erhalten könne. Nach meiner Information läge das Glasfaserkabel bereits im Boden vor unserer Einfahrt. Man müsse doch nun nur noch die Verbindung von der Straße zum Haus herstellen. Redlich um mich und meinen Wunsch bemüht gab er zu wissen, dass er sich die Situation einmal ansehen würde. Ich möge ihm meine Adresse nennen.

Das sind dann so Momente in denen ich an der Sinnhaftigkeit der modernen Technologie und seiner Anwender zweifle. Noch
. zu Beginn unseres Telefonates hatte ich ihm auf seine Nachfrage meine Kunden- und Vertragsnummer genannt. Normalerweise sollte er damit alle Informationen auf einen Knopfdruck einsehen können. Warum um Gottes Willen fragte der mich nun nach meiner Adresse? Ohne mit ihm eine Diskussion zu beginnen nannte ich schnell die Adresse und wartete. Nach schon sehr kurzer Zeit bekam ich dann dieses: "Je suis désolé!" zu hören, was dann in diesem kurzen Satz sämtliche Hoffnungen wie ein Kartenhaus zusammenstürzen lässt. Eigentlich braucht man sich die darauf folgende Erklärung des "Warum" gar nicht mehr anhören. Ich tat es trotzdem.

Ja, Herr Perret (hier in der Bretagne betont man sogar das "t" am Ende meines Namens, es gibt ein Glasfaserkabel in der D28 vor ihrer Tür. Es ist aber lediglich verlegt worden und weder am Anfang noch am Ende des Kabels mit irgendetwas verbunden worden.

Und wann darf ich damit rechnen, dass ich angeschlossen werden kann? So lange kann es doch nicht dauern ein Kabel bei A und bei Z mit irgendetwas zu verbinden?

2024, Herr Perret.

Le paysagiste

Natürlich ist euch nicht verborgen geblieben, dass wir ein etwas größeres Grundstück haben. Natürlich habt ihr mittlerweile auch schon erkannt, dass unsere Vorbesitzer bestimmte Dinge gerne und andere wiedrum vermutlich gar nicht gemacht haben. Zu diesen unliebsamen Dingen gehörte die große Weide. Bernard beschränkte sich darauf, sie von einem Bauern zweimal jährlich mähen zu lassen. Ansonsten hatte er dafür eigentlich keine Verwendung. Was bei mir die Frage aufwarf …. Warum hat er sich dann so viel Land gekauft?

Egal, wir haben es absichtlich und in dem Bewußtsein, dass es Arbeit verursachen würde gemacht. Das Land sieht ohnehin schon sehr groß aus, wird aber von Brombeersträuchern gesäumt, die scheinbar in den vergangenen Jahren immer mehr Lebensraum dazugewonnen haben. Würden sie wieder auf ihr normals Maß gestutzt werden, würden wir rund um unser Grundstücke mit Sicherheit 4 bis 5 Meter dazugewinnen.

Unsere Absicht ist es, auf diesem Gelände einige Stellplätze für Zelte, Wohnwagen oder Wohnmobile einzurichten. Und ehrlich, die Aussicht von oben auf den gegenüberligendenBerg und runter ins Tal …. ist ausgesprochen schön und romantisch. Meine Suche im Internet, nach einem eigenen Traktor verlief bisher ergebnislos. Und einen neuen Traktor kann ich mir nicht leisten. Dann würde keine weitere Maßnahme mehr realisiert werden können. Demzufolge musste ich mir jemanden suchen, der diesen Job übernehmen würde.

Wer sich noch an die Wegbeschreibung zur Déchetterie von gestern erinnern kann, dem fällt es nun leichter nachzuvollziehen, wohin ich nun fuhr. Ich benötigte einiges an Arbeitsmaterial und fuhr zum Point Vert in dem kleinen Industriegebiet vor den beiden Kreisverkehren in Callag. Nachdem ich alles gefunden hatte, was ich kaufen wollte stand ich bei der attraktiven, ca. 35 jährigen, braunhaarigen Verkäuferin mit dem netten Lächeln an. Ich hatte schon bezahlt als mir einfiel, dass ich sie doch fragen könnte, ob sie jemanden im Kundenkreis hat, der mir weiterhelfen könnte.

Sie schaute mich an und sagte nein. Das hatte sie aber noch nicht ganz ausgesprochen als ein … vielleicht hätte ich da doch jemanden … angefügt wurde. Warten Sie, ich gehe mal eben ins Büro. Ich rief ihr noch: Ich werde hier auf sie warten .. hinterher und vernahm dann: Und ich werde solange auf ihn aufpassen! Das kam von einer anderen hübschen Mitarbeiterin, die an einem Regal etwas einräumte und die ich zuvor gar nicht aktiv wahrgenommen hatte. Wären wir in Deutschland, dann hätte ich vermutet, dass sie aus dem Münsterland kommt. Sie hat rote Bäckchen, ach nee das heißt ja Wangen, die sich beim Lachen zu kleinen Kügelchen formen. Die Augen glänzen dann zwischen ihren langen Haaren burschikos. Während wir miteinander unser freundlichstes Lächeln ausgetauscht hatten, kam die etwas kleinere Mitarbeiterin wieder zurück und überreichte mir einen Zettel mit Namen und Telefonnummer von Mikaél aus Plouarch. Ich bedankte mich und machte mich vom Acker.

Mikaél kam am frühen Nachmittag. Ich erläuterte meine Wünsche und wir machten eine Geländebegehung um das Ausmaß der Arbeiten bildlich zu beschreiben. Die Brombeeren sollen wieder in ihre Grenzen gewiesen, die Einfahrt soll befestigt, ein serpentinenartig Weg angelegt, vier Plattformen für Gäste sollen installiert und vor dem Hangar soll ein Rangierplatz vorbereitet werden. Ach ja und ein befestigter Weg zum Hangar, der fehlt auch noch.

Ein paar Tage später warf Mikaél mir ein Angebot für den Rückschnitt rund um das Gelände in Höhe von 500 € vor. Den Rest würde er lieber von einem Freund mit schwerem Gerät erledigen lassen wollen.

Ich schrieb ihm sofort eine Nachricht. Angebot (Devis) ok, wann kommst du?

Auf die Antwort sollte ich eine Weile warten müssen. Das lest ihr dann in einer anderen Zusammenfassung.

Déchetterie

Kurzer Hinweis zwischendurch. Ich habe für den 11.10. und 21.10. zwei Berichte hinzugefügt, deren Aufzeichnungen ich heute wiedergefunden habe.

*****

Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Müllabfuhr ist hier anders geregelt als in Deutschland. Der im Haus anfallende Müll wird getrennt. Am einfachsten ist die Trennung des Altglases. Man sammelt alles Glas in irgendeinem Behältnis wie unseren Kunststoffboxen und bringt die dann anschliessend zu einem der aufgestellten Müllkontainer. Der nächste für uns steht ca. 800 m bergauf. Pfandflaschen gibt es hier in Frankreich bisher noch nicht. Viele Getränke sind in Kunststoffflaschen abgefüllt. Aber es gibt natürlich auch jede Menge Glas. Die lustigen 0,25 l Falschen Bier zum Beispiel. Als durchschnittlicher Franzose hat man da nicht viel Glasmüll, denn in die Weinflaschen passen ja mindestens 0,7 l Getränk. Als Bier gewohnter Deutscher oder wie in dieser Region zu 30 % auch zu finden Brite, rennst du dann alle paar Tage zum Glascontainer. Um ehrlich zu sein, schleppst du quasi die ganze Woche …. die Mini-Pullen aus dem Supermarkt nach hause … und 45 Minuten später, nachdem die geleert sind, zum Container. Das nennt man dann Kreislauf.

Daneben gibt es dann noch einen gelben Container in den interessanter Weise aller Kunststoff und auch alles Papier gehört. Also alles das, was man in einer Müllverbrennungsanlage Energie gewinnend verbrennen kann. Ich muss eingestehen, dass uns das als von deutscher Gründlichkeit geprägten Mülltrenner zunächst einmal spanisch vorkam (warum sagt man eigentlich: das kommt mir Spanisch vor?). Wenn es aber so sein soll, dann machen wir das auch so. Und damit es auch möglichst viel zu verbrennen gibt, muss der Müll, der dort in die Container gegeben wird vorab in schwarze Kunststoffsäcke gepackt werden. Das wiederum treibt den Verkauf von Plastiksäcken in die Höhe wodurch natürlich auch die Produktion derer angekurbelt wird und sich der Endverbrauer auch noch an Ankurbelung der Wirtschaft (Konjunktur) beteiligt. Er sichert sich dadurch Arbeitsplätze.

Auch der Restmüll, der im Haushalt anfällt muss noch einmal in so einen schwarzen Sack, bevor man in dann in die graue Tonne wirft. Ich habe mich oft gefragt, ob es nur der Reinlichkeit des Containers dient oder ob es sonst noch irgendeinen anderen sinnvollen und nachvollziehbaren Grund gibt … etwas in einen Kunstsoffsack zu füllen, der eigentlich selber in die gelbe Tonne gehört. Aber zum Glück bin ich kein Politiker, der sich Fragen stellen und solch einen Blödsinn revidieren müsste.

Wir haben nun mittlerweile aber auch ein Menge von Müll angesammelt, den man in Deutschland möglicherweise als Sperrmüll bezeichnen würde und den man an der Straße abstellt, nachdem man ihn vorher beim Entsorgungsunternehmen angemeldet hat.

Gibt es hier in dieser Form nicht. Dafür gibt es aber die Déchetterie, bei dir wir diese Art von Müll kostenlos entsorgen können. Einziges Problem, der Transport. Irgendwie muss das Zeug ja dort hin. Ich bin glücklicherweise in der komfortablen Situation einen recht großen Lastenanhänger zu haben, den ich überhaupt nicht mehr missen möchte. Und obwohl der mit 2,50 m Länge echt schon groß ist, war der bis zur Oberkante mit Müll gefüllt. Auch wenn das Haus bei der Übergabe schon ziemlich leer war, hat uns der gute Bernard ein stattliches Vermächtnis hinterlassen. Und ich wußte nach dieser ersten Beladung bereits, dass noch viele folgen würden. Die Déchetterie würde sicher mein zweites zuhause werden.

Weit muss ich nicht fahren. Ich verlasse uns Anwesen, fahre ca. 1,5 km bis nach Callac immer geradeaus. Sogar im Ort fahre ich weiter gheradeaus. Über die einzige Ampel weit und breit. In Wachtendonk gab es damals auch nur eine Ampel. Ampeln sind für mich Verkehrshindernisse. Ich bevorzuge Kreisverkehre, also fliessenden Verkehr. Und da bin ich hier in Frankreich absolut richtig. Wenn ich dann nach weniger als 2 Minuten Callac auf der anderen Seite den Ort durch zwei Kreisverkehre verlasse, erreiche ich nach ca. 200 m das Ziel.

Ich fahre drauf. Es ist das erste Mal. Ich sondiere die Lage und fahre rechts von den in der Mitte aufgestellten Pilonen den kleinen Hügel hoch und wende oben. Der Wendekreis ist bei meinem Volvo nicht klein, was mich veranlasst langsam und bedacht zu fahren um nicht hin und her rangieren zu müssen. An dieser anderen Seite stehen so wie auch in Pont früher die Container mit einer Entladebucht. Ich kann mich nicht wirklich entscheiden, welche ich nehmen muss und stelle mich deshalb ziemlich zentral auf. Das raubt natürlich eine Menge Platz und erregt die Aufmerksamkeit der Aufsichtsperson. Langer Volvo, lange Deichsel, langer Anhänger …. da muss ich mal hin. Als er sich nähert fällt sein Blick auf das Autokennzeichen. Woher kommen Sie? Aus Deutschland, antworte ich und füge lächelnd hinzu, dass ich extra den weiten Weg auf mich genommen hätte um meinen Müll in Callac abzuladen.

Damit er sich verscheissert fühlt füge ich sofort hinzu, dass wir bei pont carrés ein Haus gekauft hätten und nun mit den Aufräum- Umräum- und Umbauarbeiten begonnen hätten. Und um das noch etwas besser zu verdeutlichen, weil ja hier jeder jeden kennt, erzähle ich ihm, dass es das Haus von den Engländern sei. In diesem Moment verkrampfte sich sein Gesicht und er hielt sich die Hanf vor's Gesicht. Von Engländern?? Da würden wir dann sicher noch die eine oder andere Überraschung erleben müssen. Wie recht er doch behalten würde.

Unter seiner Anleitung lernte ich alle Stationen seines Wirkungsbereiches kennen währenddessen er mich wißbegierig zu meiner Herkunft befragte.

Öl Sterne

Obwohl die Klimadaten in der Bretagne viel sympathischer aussehen als in anderen Regionen dieser Welt, gibt es natürlich auch hier Ausnahmen von der Regel. So ist es zum Beispiel im Sommer nicht so heiß, wie in Spanien, Italien oder auch im Süden Frankreichs. Und weil Ausnahmen die Regel bestätigen, war der letzte Sommer in der Bretagne auch recht warm. Teilweise erreichten die Temperaturen selbst hier die 36 Grad.

Im Winter ist
es in der Regel hier nicht sonderlich kalt, sodass sich die Durchschnittstemperatur für einen normalen Winter um 10 Grad bewegt. Man muss sich aber immer auf alle Eventualitäten vorbereiten. Außergewöhnlicher Hitze kommt man mit einer Klimaanlage bei. Deren Anschaffung kann aber noch ein wenig warten, denn für ein paar Tage lohnt sich das noch nicht! Vor Kälte schützt man sich mit einer Heizung und die haben wir! Selbst 10 Grad mittlerer Wintertemperatur sind für einen kuscheligen Winterabend etwas kühl.

Nach Information unseres Verkäufers Bernard sollten noch ca. 200 l in dem 2000 l fassenden Öltank sein. Durch Klopfen versuchte ich nun festzustellen, wo exakt sich der Pegelstand nun befand. Ein Ölstandsmeter an der oberen Seite des Dankes gab keinen Aufschluss. Der zeigte angeblich nicht die Menge in Liter sondern nur annähernd die Menge in Prozent an. Mein Klopfen hat vielleicht den einen oder anderen Poltergeist erschreckt, erkennen konnte ich daran aber absolut nichts. Ich vermutete, dass dieser Tank doppelwandig war. Anders konnte ich mir das aus sicherheitstechnischen Gründen überhaupt nicht vorstellen. In Deutschland hatte ich damals einen abgesonderten Kellerraum mit einer Stahltüre und die Tanks standen in Betonwannen. Safety first. Hier stand dieser Tank einfach nur so rum!

Da ich also nichts mit Gewissheit feststellen konnte, setzte ich mich an den Rechner und suchte ein Vergleichsportal für die Ölpreise in Frankreich. Fand ich auch. Mein Gesicht verzog sich vor Schmerzen, als ich die Preise angezeigt bekam. 1,62 € pro Liter. Wahnsinn, blanker Wahnsinn. Bestellen musste ich aber dennoch. Wir wollten zwar eine Wärmepumpe installieren lassen, aber noch konnte ich nicht beziffern, wann das realisiert werden würde. Also gab ich die Menge von 1.000 Litern ein und versendete meine Bedarfsanfrage.

Es dauerte keine 10 Minuten, da kam auch schon das entsprechende Angebot rein. Armorine kündigte an, uns so schnell wie möglich - innerhalb der nächsten 5 Tage - beliefern zu wollen.

Und heute, drei Tage später fuhr er dann vor, Jeremy mit seinem Tanklaster von Armorine. Jeremy war sicher unter 30 Jahre alt, schien aber zumindest mit seinem LKW sehr vertraut zu sein denn er fuhr zielstrebig rückwärts bis zu meinem Auto, das vor der Garage (unserem Keller) stand. Er begrüßte mich freundlich und ließ sich von mir den zu befallenden Öltank zeigen. Ich versuchte ihm zu erklären, dass die Sicherheitsvorkehrungen in Deutschland die strenger seien als hier und ich überhaupt keinen Einfüllstutzen rund um unser Haus finden würde. Er lächelte und entgegnete mir, dass das in Frankreich eigentlich genau so sei. Allerdings hätten manche älteren Häuser das noch nicht.

Na ja, so alt war unser Haus ja nun nicht.

Er inspizierte den Tank, griff gezielt nach diesem seltsamen Meter an der Oberfläche des Tanks und drehte ihn ab. Da sich direkt darüber ein Regalbrett mit dem ganzen Gartenwerkzeug befand, konnte man nicht in diese Öffnung hineinschauen. Jeremy lief zum LKW zurück und begann einenTeil seiner insgesamt 60 Meter Tankschlauch abzurollen. Das Ende legte er vor den Tank. Das kam mir nun aber sehr seltsam vor. Die Öffnung von dem Meter, die einzige die sich scheinbar zum Befallen des Dankes daran befand, hatte nicht einmal 30 % des Durchmessers von dem Schlauch. Aber Jeremy war schon wieder auf dem Weg zum LKW, griff in eine Lade und holte dort einen Stutzen heraus, der einem Schwanenhals glich. Mit dem Schlauch verbunden konnte die Betankung nun losgehen.

Während des Betankens unterhielten wir uns ein wenig über die horrenden Preise und die Menschen, die sich das möglicherweise bald nicht mehr leisten könnten. Plötzlich schwappte es oben an der Öffnung über und Jeremy musste blitzschnell reagieren um den Vorgang abzubrechen. Glücklicherweise war er wirklich sehr reaktionsschnell sodass sich die Menge des übergelaufenen Öls in Grenzen hielt. Er schnappte sich Lappen und so eine überdimensionierte Küchenrolle für Öltanker und reinigte schnell alles. Dann packte er alles zusammen, rollte mechanisch den Schlauch wieder auf und verschloss den Tank wieder mit dem Füllstandsmesser. Ich war unterdessen ein wenig in Panik geraten, denn nachdem Jeremy ja alles sauber gemacht hatte, tropfte es erheblich an der Seite und es bildete sich eine Öllache. Jeremy schaute ebenfalls ein wenig erregt, stellte dann aber fest, dass es an der Seite ein Schauglas gab, das den Füllstand anzeigte. Das war nun für uns beide neu. Nun konnten wir aber erkennen, dass der Tank Rappel voll war. So voll, dass das Öl durch das Schauglas heraus überquoll und nicht zum Stillstand kam. Nun wäre so eine Ölwanne, wie ich sie früher hatte nicht schlecht.

Jeremy gab den Rat, das Schauglas oben zu verschliessen, denn es sei dort offen. Ich fand das eine gute Idee und beauftragte meine Frau aus einem Korken einen Verschluss zu formen. Nicht ganz so leicht, denn das Schauglas hatte einen nur wenige Millimeter großen Durchmesser. Als der Korken fertig war und dabei reden wir über wenige Minuten Handarbeit, verschlossen wir das Schauglas mit dem durchschlagenden Erfolg, dass sich nun ein Druck aufbaute und sich die Menge der überlaufenden Öles rapide erhöhte. Wir entfernten den Korken wieder und stellten stattdessen eine abgeschnittene Plastikflasche als Auffangbecken darunter. Jeremy hätte sich auch gerne schon entfernt gehabt, hätte er nicht noch bei mir die Bezahlung entgegen nehmen müssen.

Für die letztlich doch nur 824 Liter, die hineingingen müsste ich nun etwas über 1.300 € bezahlen. Ob ich das mit einem Scheck begleichen wolle. Jeremy staunte nicht schlecht, als ich ihm sagte, dass ich gar keine Schecks habe, weil es die in Deutschland schon seit ewigen Zeiten für Privatpersonen überhaupt nicht mehr gibt. Dann müsse er telefonieren, sagte er, setzte sich ins Führerhaus und telefonierte mit der Buchhaltung.

Stolz auf die modernen Errungenschaften der digitalen Zahlung hinweisend, bot ich ihm an die Rechnung jetzt und hier, an Ort und Stelle durch Direktüberweisung von meinem Konto bei der ING, zu begleichen. Die Buchhaltung und er berieten sich, sein Gesicht veränderte sich. Mal Stirn runzelnd, mal fröhlich, mal kritisch und am Ende dann ganz freundlich. Das Ergebnis des Telefonats lautete. Die Firma würde mir eine Rechnung (facture) schicken. Ich könne dann überweisen.

Für jemanden, der erstmalig bei denen bestellt und von ihnen beliefert wird, ein großer Vertrauensvorschuss. Mir war es recht.

Wir hatten Öl und das beruhigende Bewusstsein, dass die Familie nun im Dezember kommen könne und wir ihnen ein warmes zuhause bieten können.

Und nun springe ich mal ein paar Stunden voraus. Es ist Abend. Zu einer gewissen Zeit melden sich Bill und Layla weil sie gerne ihr Geschäft machen möchten. Unsere Hunde sind Gewohnheitstiere, so wie ich! Die Zeichen erkennend machen wir uns dann auf uns anzukleiden um gemeinsam mit unseren Rowdys ein paar Runden auf der Hundewiese zu drehen. Selbst nun, Ende Oktober war es immer noch angenehm warm abends. Und der Himmel war klar, sternenklar.

Und wenn ich das nun so sage, dann können sich die meisten von euch gar keine Vorstellung davon machen, wie klar ein Himmel sein kann und welche Mengen man da an Sternen zu sehen bekommt. Das letzte Mal, dass ich das so in dieser Form erlebt habe, war 1972 am Strand von Soulac sur mer (nordwestlich von Bordeaux). Der Umstand, dass es hier bei uns keine Straßenlaternen gibt und die Lichter an unserem Haus um diese Uhrzeit auch alle erloschen sind, verstärkt diese überwältigende Schönheit. In diesem Moment wünschte ich mir innig, dass meine Enkelkinder diesen natürlichen Eindruck auch bald erleben können. Eine Milchstraße in ihrer ganzen Pracht.

Ein Moment, in dem ich mir sagte…. Junge, du hast alles richtig gemacht.

Unverhofft kommt oft

Wir freuen uns sehr über unsere weiteren bestehenden Kontakte nach Deutschland. Und wir freuen uns auch über Anrufe von Freunden und Bekannten und natürlich auch unserer Familienangehörigen. Am 25.10.22 klingelte mein iPhone und auf dem Display konnte ich schon sehen, es war Hubert. Hubert ist der Vater des nicht zum Schwiegersohn gewordenen Vater meines ältesten Enkelsohnes. Wir unterhalten ein sehr gutes und angenehmes Verhältnis miteinander. Wir schwimmen auf der gleichen Wellenlänge. Uns trennt lediglich ein Tag bei unserer Geburt und wir teilen nicht nur das selbe Sternzeichen sondern auch noch die Leidenschaft zum FC Schalke 04 sowie viele andere Eigenschaften. Bei uns im Ruhrgebiet würde man damals gesagt haben "Ein Herz und eine Seele".

Nach dem üblichen Smalltalk eröffnete mir Hubert, dass er seinen Urlaub (er ist auch in Pension und hat ja nun auch ständig Urlaub) plane und dieses Mal gerne in die Bretagne kommen würde. Er käme mit seinem Wohnmobil und bräuchte nur einen Stellplatz. Und Platz haben wir ja tatsächlich genug. Um sich dort häuslich einzurichten muss ich halt nur noch so schnell wie möglich zumindest Strom und Wasser an die entsprechenden Stellen legen lassen. Da das aber ohnehin geplant war, muss ich nun eben lediglich etwas Druck dahinter setzen.

Und es sieht gut aus.

Eine dicke Lippe riskiert

Eile ist nicht immer der beste Weg zu einem zufrieden stellenden Ergebnis. Das habe wir an diesem Montag erlebt. Wir waren am Samstag nach Redon gefahren und haben dort einige Dinge erledigt. Meine Frau hatte nach Terminabsprache den Friseur im Intermarché besucht und ich mich derweil um die Abholung unseres Kaminofens gekümmert. Die Abholung erfolgt an der rückwärtigen Seite des Gebäudes. Ich fuhr also mit meinem Lastenanhänger nach hinten und rangierte rückwärts an das schönste und größte Tor an dem ich auch sofort eine Klingel ausmachte. Zu der Klingel gehörte auch eine dieser klitzekleinen Kameras mit Hilfe derer der Lagerist zwar mich, ich aber nicht ihn sehen konnte. Als wir nun mündlich Kontakt zueinander aufgenommen hatten, stellte ich mich namentlich und als Käufer eines Kaminofens auf den Namen Perret vor. Er hörte sich alles an, nachdem er zweimal Zwischenfragen gestellt hatte. Dann eröffnete er mir, dass ich am falschen Tor stehen würde. Dieses Tor wäre nur für Zulieferungen. Ich müsste zum zweiten Tor und das wäre am Ende des Geländes. Ich schaute in die Kamera, dann nach links und nach rechts. Ich sah knappe zwanzig Meter weiter das andere Tor. Der Weg hinter dem zweiten Tor führte zu diesem ersten Tor. Und von hier aus führte der Weg dann zum Lager. Ich suchte die zweite, dritte und vierte Kamera. So viele haben die ja immer bei der versteckten Kamera. Ich malte mir aus, was geschehen würde, wenn ich nun vor das andere Tor rangiere. Irgendeine andere Stimme würde mich zurück zum ersten Tor schicken. Und vielleicht würde sich dieser Vorgang einige Male wiederholen bevor der Presentator der französischen Version von Versteckte Kamera auf mich zugelaufen käme.Ich sah aber nichts.

Also leistete ich dem Auftrag Folge und rangierte rückwärts an das zweite Tor. Ich klingelte wieder und wieder hörte ich die Stimme, die nach meinem Wunsch fragte. Ich begann also erneut, wurde aber von dem Lageristen mit den Worten: Ja, ok, Sie sind es wieder! unterbrochen und durfte nun darauf warten, dass er mit unserem neuen Kaminholz Ofen kommen würde. Und das tat er auch, mit einem Hubwagen und unserem Ofen auf einer Palette. Er kam aus dem Lager gefahren und fuhr schnurstracks auf das erste Tor zu um letztendlich dann einen Haken zu schlagen und zum zweiten Tor zu kommen, das sich nun automatisch öffnete.

Ich hatte meinen Anhänger bereits geöffnet und Spriegel und Plane angehoben, sodass der Herr Lagerist mit seinem Hubwagen den Ofen bis zur Mitte des Anhängers, also über der Achse, abstellen konnte. Ofen, Palette, Hubwagen … das Teil musste schwer sein. Wie würden wir das wieder herunter bekommen? Also .. meine Frau und ich? Meine Frau, das zarte weibliche Wesen mit so wenig Geschick Dinge zu transportieren. Diese Erfahrung hatten wir mit unseren Möbeln nun schon etliche Male gemacht. Sie ist mehr der Typ für …. Ja zum Beispiel aufzuräumen, zu putzen oder zu dekorieren
😂

Nachdem meine Frau haartechnisch rundum neu gestylt fertig war, und sie war schneller fertig als ich mit meiner Prozedur, kam sie rund um das Gebäude spaziert und stieg nach einer kurzen Präsentation ihrer neuen Frisur ins Auto ein. Ihr dann folgender Kommentar zeigte mir, dass ich scheinbar zu gefühlsneutral auf ihr rundum erneuertes Aussehen reagiert hatte.

Gemeinsam fuhren wir dann zu BUT, einem Einrichtungshaus in unmittelbarer Nähe von Intermarché und kauften uns dort noch eine neue Waschmaschine. Dieses LG Teil gefiel mir auf den ersten Blick. Was die alles konnte und wie übersichtlich und unkompliziert alles auszuwählen war, das imponierte mir. Außerdem fasste ihr gefräßiger Bauch 9 Kilo Wäsche und verbrauchte dabei auch noch weniger Strom und Wasser als alles bisher dagewesene. Also zumindest in unserem Haushalt. Die Verkäuferin, die ich fast mit in meinen Warenkorb gepackt hätte, war sichtlich beeindruckt von der Schnelligkeit meines Entschlusses.

Die Abholung und Verladung ging ebenso schnell wie der Kauf. Das erlaubte uns dann rechtzeitig bei unseren Freunden anzukommen, bei denen wir zum Essen eingeladen waren. In der Dunkelheit, mit voll gefressenem Bauch fuhren wir dann nach hause. Also .. ich fuhr, meine Frau fühlt sich da noch nicht sicher genug. Das braucht Zeit.

Na ja und nun war es Montag und wir wollten den Anhänger entladen. Wir frühstückten in Ruhe und nach dieser, meiner Lieblingsbeschäftigung ging ich dann runter in die Garage. Ach … ihr wißt ja gar nicht, dass unsere Garage unter dem Haus ist. Dort ist quasi die Garage und der Keller gleichzeitig. Die Grundfläche beträgt ca. 90 qm. Glücklicherweise, denn in unserem letzten Haus hatten wir einen begehbaren Dachboden auf dem wir zu dem riesig großen Keller auch noch sehr viele Dinge untergestellt hatten. Und hier muss das ganze Zeug ja auch wieder irgendwo hin.

Den Anhänger hatte ich rückwärts vor das Garagentor gefahren. Nun nahm ich die Plane ab und öffnete die Heckklappe. Da stand nun als erstes die Waschmaschine. Die stellte in diesem Fall nicht das größte Problem dar. Ich hatte mir bei Bricomarché, dem Baumarkt aus der Mousquetaires Gruppe, eine Diabolo (eine Sackkarre mit Frontausleger) gekauft. Also, die Waschmaschine bis zum Rand geschoben und auf die davor positionierte Sackkarre gekippt. Ganz … ganz vorsichtig. Geschafft.

Nun stand da noch unser Ofen auf seiner Palette. Zunächst musste das Ding ganz nach hinten gebracht werden. Kein leichtes Unterfangen bei diesem Gewicht. Ich suchte mir zwei Spanngurte, befestigte sie an der Palette und schon ging es los. Zu zweit. Hau Ruck aber nicht zu weit. Das Teil sollte ja schließlich irgendwann einmal heile in unserem Wohnzimmer ankommen. Gemeinsam schafften wir es den Ofen bis an die Schwelle zu ziehen. Glücklicherweise, allerdings auch mit Bedacht, hatte ich den Anhänger am Volvo angekuppelt gelassen. Sonst wäre spätestens zu diesem Zeitpunkt der Anhänger nach hinten weggekippt und unser Ofen zu Bruch gegangen.

Der schwierigste Teil kam jedoch noch. Wie würden wir das Teil vom Anhänger herunter bekommen?

Wir suchten uns zwei Bretter und hatten sogar das Glück, dass wir zwei dicke und stabile Hartholz Bohlen fanden. Die legten wir nun auf die Heckklappe und stützten sie zusätzlich mit anderen Hölzern, damit sie uns nicht einfach so runterfielen und unser Ofen dennoch zu Bruch gehen würde. Wir änderten unsere Taktik, wobei ich, als der Stärkere ja immer nur an einer Seite den konnte. Und da nun zuerst wichtig war, die Palette mit der Last weiter in Richtung unserer selbstgebastelten Rampe zu ziehen, stand ich halbwegs in der Garage und zog mit aller Kraft an meinem Spanngurt um den Ofen ganz langsam runter zu ziehen. Die Aufgabe meiner Frau (eigentlich hätte ich dort auch stehen müssen) war es, den Ofen festzuhalten, damit er langsam über die Rampe nach unten gleiten würde. Unter viel Gestöhne bewegte sich die Palette mit der schweren Last immer weiter in die Richtung der Verlagerung seiner Schwerkraft und damit dem gefährlichen Punkt, dass an dieser Stelle alle Liebesmüh vergebens gewesen sein würde.

Und dann passierte es. Ich zog langsam nach unten, meine Frau versuchte entgegen zu halten und die Palette erreichte eben diesen besagten Punkt und rutschte langsam auf unsere Rampe. Das allerdings führte dazu, dass der Anhänger nun aber leichter wurde und die Stoßdämpfer ihre Wirkung zeigten um den Anhänger in seine neutrale Position zu bringen. Mit einem kurzen Stoß schnellte der Anhänger um nur wenige Millimeter nach oben.

Das allerdings reichte um dem ganzen Unternehmen ein dramatisches Ende zu geben. Denn dort, wo der Anhänger mit kurzem Ruck nun hochschnellte und an den den Ecken Halterungsstangen hervorragten, stand nun meine Frau und nahm einen kurzen aber kräftigen linken Haken der Stange an ihrer Seite entgegen. Ein Stöhnen, ein Weinen aber noch kein Blut. Scheinbar schien die Situation glimpflich ausgegangen zu sein. Scheinbar!

Nachdem meine Frau dann erst einmal reingelaufen war und ich dann allein am Anhänger und dem noch nicht gänzlich abgeladenen Ofen stand, kam sie nach einer gefühlten Ewigkeit wieder. An der Stelle, an der sich die Wunde befand, klebte nun ein fettes Pflaster. Zwar sah man immer noch kein Blut, dafür begann sich aber in Sekundenschnelle die komplette linke Mundhälfte zu verfärben.

Wenn ihr demnächst die Fotos dazu seht, werdet ihr eingestehen, dass da eine gehörige Portion Glück im Spiel gewesen sein musste. Im schlimmsten Fall hätte die Lippe durchstoßen sein können. Oder sogar der Verlust mehrerer Zähne zu beklagen. Aber schaut selber!

Erdbeben

Und dann passiert etwas und man merkt nichts.

Es geschieht ja immer mal wieder, dass sich irgendwo auf dieser Welt die Erde bewegt. So war es auch am 23.10.2022 und zwar mit einer Stärke von 3,7 auf der Richter-Skala. Es ereignete sich unweit von Lorient, nicht weit von der südbretonischen Küste. Das hört sich zunächst doch schon recht weit an …. "Südbretonisch". Wenn man aber bedenkt, dass es von der nördlichen zur südlichen Küste knapp 100 km sind, dann relativiert sich das Gefühl von Wohlbehagen bei derartigen Nachrichten. Da wir aber ohnehin nichts gemerkt haben und es uns erst am Tage danach durch die Nachrichten zur Kenntnis kam, war alles halb so wild.

Und ich erinnere mich an unseren 137- seitigen Kaufvertrag mit der darin erhaltenen Bodenanalyse und den scherzhaften Kommentar unseres Notars am Tage der Unterzeichnung … da haben Sie ein Hochwasser und Erdbeben sicheres Gelände gekauft. Es liegt in 172 m Höhe und ruht auf purem Granit.

So las ich dann am Morgen des 24.10. folgendes:

La terre a tremblé dans le Morbihan, ce dimanche 23 octobre 2022. Le Réseau national de surveillance sismique signale une secousse de magnitude 3,7, localisé près de Landévant, à une vingtaine de kilomètres de Lorient, vers 21 h 52.

Und wir haben nichts gemerkt.



Auberge Basque

Am Mittag waren wir bei unserer Freundin in der Auberge Basque, einem Hotel Restaurant. Nach dem Essen unterhielten wir uns noch eine Weile mit Helena. Bei dieser Gelegenheit eröffnete sie uns, dass sie und ihr Mann wegen der schweren Erkrankung ihres Mannes und auch wegen ihres Alters, das nun zum Ruhestand berechtigen würde, beschlossen haben den Betrieb zu verkaufen und wieder in den Süden zurückziehen wollten.

Wie gewonnen - so zerronnen sagt man. Und das gilt wohl auch für neu geschlossene Freundschaften und Lieblings-Restaurants. Und nun mache ich mal ein wenig Werbung für Helena, denn ich denke, dass das Lokal Potential hat und nicht verloren gehen sollte.

Direkt gegenüber vom Bahnhof befindet sich die Auberge Basque, ein einfaches und preiswertes Hotel und gleichzeitig ein hervorragendes baskisches Restaurant. Vor dem Gebäude stehen Pergola mit kleinen Bistrotischen für bis zu 4 Personen.

https://www.aubergebasque-callac.com

Schon beim Betreten des Lokales empfindet man eine vereinnahmende Gemütlichkeit. Das Lokal ist in mehrere Zonen aufgeteilt. Zur Linken des Einganges haben Helena und Pejo (ihr Mann) einen Verkaufsbereich für baskische Produkte installiert. Verschiedene Käsesorten und Würste, deren Farben und Düfte bereits ihre Herkunft erahnen lassen breiten sich vor den Augen des Besuchers aus. Rechts betritt man einen Raum, der ca. 50 Personen Sitzmöglichkeit zum Speisen bietet. Auch hier dominiert die baskische Herkunft unserer beide Freunde. Wie in französischen Restaurants üblich, wartet man im Eingangsbereich, bis ein Mitarbeiter den Gästen einen Platz zuweist. Läuft man von diesem Eingangsbereich geradeaus, gelangt man sowohl zu den Toiletten als auch zum Saal.

Der Saal bietet reichlich Platz für sicher 150 Personen. Er hat zwei weitere Ein- bzw. Ausgänge die zum Innenhof weisen. An den Saal anschliessend befindet sich ein weiterer Toilettentrakt. In diesem Saal befindet sich eine Theke und entgegengesetzt eine Nische in der eine Musikanlage installiert ist. Helena ist nämlich eine leidenschaftliche Sängerin, die in ihrer Heimat eine recht große Bekanntheit genoss.

Verlässt man den Hof seitlich, gelangt man zu einer großzügigen Terrasse (einem Biergarten), auf der im Sommer eine riesige Paella Pfanne die Neugierde aller Gäste erregt und nicht nur den anwesenden Gästen sondern auch der Laufkundschaft ein geschmackvolles Mahl verspricht. Hinter dieser Terrasse gibt es eine große Halle, die vermutlich irgendwann einmal wunderschön gewesen sein muss und damals mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch zu allen Seiten offen war. Frankreichurlauber kennen diese Gebäude aus liebevoll verzierten Stahlpfeilern. Man findet sie gelegentlich noch inmitten der Orte, teils auf den Märkten und wenn sie sogar ganz groß sind, dann beherbergen sie sogar einen Markt. In Bayern und in Berlin waren es im 19. Jahrhundert nicht selten auch die idealen Orte für traditionelle Musikveranstaltungen und Tanzveranstaltungen. Leider dient dieses ureigentlich sehr attraktive Gebäude heute nur noch als Unterstellplatz für alte Möbel und Krimskrams.

Die 6 Zimmer im Hotel sind alle sauber aber spartanisch eingerichtet. Reisende, die nicht unbedingt Luxus erwarten und auch lieber weniger bezahlen möchten, sind hier bestens aufgehoben.

Das Appartement wird gegenwärtig von den Eigentümern und Betreibern selbst bewohnt.

Auch wenn Helena, die momentan fast alles alleine schaukeln muss, ihre Öffnungszeiten auf ein Mindestmaß reduziert hat, kann sie sich über einen ausreichenden Zulauf nicht beklagen. Franzosen ist der Mittag und auch das Mittagsmahl heilig. Um 12:00 h schliessen alle Geschäfte, pausieren alle Handwerker bis 14:00 h. Dann geht es weiter. In der Zwischenzeit scheinen sich alle in den umliegenden Restaurants zu treffen und zu Mittag zu essen. Parkplätze sind dann, rund um die Restaurants, Mangelware. In den meisten Restaurants muss man sogar vorbestellen.

Ich wünsche mir, dass Helena ihr Lokal noch so lange betreibt bis ich möglichst viele unserer Besucher ihre baskische Küche habe geniessen lassen.

Der französische Baumarkt

In Frankreich heißen sie Bricomarché, Leroy Merlin, Gedimat oder halt eben noch ganz anders. In Deutschland sind es Bauhaus, Obi und Konsorten. Einen Gedimat haben wir in unserer Nachbarortschaft Callac, einige andere gibt es in Carhaix, dass 17 km von uns entfernt liegt. Die größte Ansammlung dieser Baumärkte gibt es aber in St. Brieuc. Dort hat sich alles angesiedelt, was in Frankreich auf diesem Sektor Rang und Namen hat.

Meine Nachforschungen hatten ergeben, dass in weitem Umkreis Leroy Merlin nicht nur die größten Läden sondern auch das umfangreichste Angebot unterhält. Dementsprechen überrascht war ich, als wir in St. Brieuc auf deren Parkplatz fuhren. Von der Grüße her, würde er ohne weiteres die Anzahl der Besucherfahrzeuge eines Zweitligaspieles der Bundesliga beherbergen können.

Entsprechend sah es innen aus. Alles war in reichlicher Menge vorhanden und das erinnerte mich sofort an die langen Käsetheken in den Supermärkten. Eine ungekannte Auswahl an Produkten.

Sahen wir uns in diesem Moment in Alice's Wunderland, so schränkte zumindest das Preisniveau der angebotenen Artikel die Freude erheblich ein. Neben vielen Artikeln, die man in Deutschland zum gleichen Preis hätte kaufen können, schienen ausgerechnet die Produkte, die wir heute kaufen wollten durchweg sehr kostspielig. Wir wollten für unser Haus ein paar neue Deckenlampen kaufen. Die Schirme unterschieden sich weder in der Machart noch im Preis von denen, die wir auch in Deutschland hätten kaufen können. Aber die Leuchtmittel sind dermaßen teuer, dass man automatisch auf der Verpackung die Angabe sucht, wieviele Stunden Haltbarkeit für sie vorgesehen sind.

Wir hatten bisher alles gefunden, was wir gerne kaufen wollten und schoben unseren Einkaufswagen nun durch die Gänge. Irgendwo musste doch etwas zu finden sein, das darauf hinwies, dass wir hier auch unser Tor für unsere Hauseinfahrt finden könnten. Ich fragte den erstbesten Mitarbeiter der fast traditionell für einen Baumarkt in rot gekleidet war. Entschuldigen Sie bitte, wo können wir uns für ein Gartentor, für eine Einfahrt informieren? Ich hatte noch nicht ganz ausgesprochen, da hatte er schon etwas gesagt, was ich nun absolut nicht verstanden hatte weil ich mich ja auf die Formulierung meiner Fragestellung konzentriert hatte. Ich bat ihn noch einmal zu wiederholen. Aber irgendwie kapierte ich nicht, was er mir da vermitteln wollte. Erst beim dritten Mal kapierte ich endlich, dass es einen zweiten Markt gäbe, 100 Meter weiter auf der anderen Seite. Ok, wir bezahlten, brachten das Material zum Auto und fuhren auf den Parkplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Leroy Merlin Werbung für diesen zweiten Markt konnte man von dort, von wo wir angereist waren auch gar nicht sehen. Hier wurde alles, was mit Garten und Toren zu tun hatte, angeboten. Dieses Mal fragte ich direkt beim Eingang, an wen ich mich wenden müsse. Bis hinten durch, dann links abbiegen und dann wieder links bis zum Ende des Geschäftes.

Und da war sie wieder, die junge hübsche französische Mitarbeiterin mit dem freundlichsten Lächeln aus der Fernsehwerbung. Wie kann ich Ihnen helfen?

Wir suchen ein Tor für unsere Einfahrt, am liebsten ein Tor, das sich elektrisch öffnet, ca 8 Meter breit ist und sich zu der Seite öffnet an der sich unsere Einfahrt zur Weide befindet. Sie ging mit uns zu den aufgebauten Mustertoren mit einer Länge von bis zu 5 Metern. Ob wir denn tatsächlich 8 Meter bräuchten? Nicht, dass das nicht möglich sei, aber es wäre eine Sondergröße, die Mehrkosten verursacht. Die Alternative sei, dass wir ein 5 Meter Rolltor nähmen und an der Seite noch ein Fußgängertor installieren ließen. Das wäre die preiswertere Variante.

Nett, dachte ich, dass sie uns darauf hinweist. Ich wollte aber nichts bestellen, ohne dass nicht zumindest ein Fachmann gekommen wäre, der uns vor Ort alles berechnet und uns berät. Kein Problem sagt die freundliche Dame, die mir ein Kompliment zu meinen Sprachkenntnissen macht nachdem sie mich gefragt hatte, ob ich Franzose sei. Ich stelle ihnen eine Kundenberatung vor Ort aus. Die kostet aber 45,00 €. Kein Problem sage ich, dann wären wir auf jeden Fall sicher, dass wir die richtige Entscheidung treffen würden. Gehen Sie bitte zur Kasse und bezahlen Sie. In ca. 14 Tagen kommt dann jemand zu Ihnen raus.

14 Tage vergingen, nichts geschah. Ich wartete noch eine
. weitere Woche in der nichts geschah. Dann mussten wir wieder nach St. Brieuc. Ich fuhr ohne Umwege zum richtigen Parkplatz, ging direkt zur richtigen Kasse an der wie erwartet eine junge attraktive Französin stand und stellte unumwunden die Frage, warum noch niemend zur Beratung gekommen sei. Ich habe ja schliesslich 45,00 € dafür bezahlt. Die Prinzessin von Kasse 1 lächelte freundlich und erklärte mir, dass sie nicht die richtige Ansprechpartnerin sei. Ich müsse zum Hauptgeschäft und mich dort an der REzeption melden.

Die schickten mich im Laden zu so einer Art Kundenservice. Ich möge dorthin gehen und auf den Kollegen warten. Ich ging und wartete. Es kam niemand außer einer älteren sehr attraktiven Französin, die mich beim dritten "an mir vorbei laufen" fragte, ob ich ein Anliegen hätte. Hatte ich, sagte ich. Sie wäre zwar nicht zuständig, sagte sie, würde sich aber mal drum kümmern. Sie tätigte den ersten Anruf und erreichte jemanden in seiner Mittagpause, der allerdings heute in einem anderen Bereich eingesetzt war. Beim zweite Telefonat
sprach sie dann mit einer netten jungen französischen Beraterin, die aber gerade erst in die Pause gegangen sei. Die ältere attraktive Französin möge ihr eine Notiz schreiben, in drei Wochen käme der Kundenberater dann zu uns nach hause. Augenblicklich würde alles etwas länger dauern.

Mittlerweile waren insgesamt 7 Wochen vergangen und ich hatte schon gar nicht mehr an den Kundenberater gedacht und die Rechnung auf meinen to do Stapel gelegt, als wir Post voon Leroy Merlin bekamen.

Es täte ihnen leid, dass es so lange gedauert hätte. Aber s ie haben leider keinen Kundenberater, der unseren Wohnort bereist und keine Vertragsfirma, die die Arbeiten bei uns durchführen könnte. Ich möge bitte nach St.Brieuc kommen, man würde mir die 45,00 € sofort erstatten.

Wißt ihr was der Sprit kostet? Bis zum Leroy Merlin sind es knappe 60 km eine Strecke. Bei meiner dritten Fahrt dorthin, habe ich dann soviel an Sprit verfahren wie ich an Geld von Ihnen erstattet bekäme.

Mein Entschluss stand fest. Lieber eine eingeschränktere Auswahl und dafür im Ort oder Nachbarort einkaufen. Dat hamse nun davon!

Digitalisierung in Frankreich

Ihr seid ja mit dem Problem bereits vertraut. Uns flog andauernd die Sicherung raus. Und der Fehler lag bei niemand anderem als bei mir! Ich habe unserem Vorbesitzer einfach zu viel Vertrauen geschenkt und ihm das Märchen von der totalen Digitalisierung dieser Maßnahmen abgenommen.

Über die Homepage fand ich dann eine Telefonnummer, die ich dann in Ermangelung eines Festnetzanschlusses von meinem Handy aus anrief. Und nun kommt der Moment an dem ich eingestehe, dass man für diese Art von Telefonaten entweder einigermaßen Französisch sprechen können muss oder zumindest jemanden kennen sollte, der sich nicht nur mit den Tücken dieser Vertragsabwicklung auskennt und mit Rat und Tat und als Dolmetscher zur Seite stehen kann.

Wie eigentlich immer hatte ich sofort wieder eine junge und außerordentlich hübsche Frau am Telefon, die total hilfsbereit mit einer Geschwindigkeit, wie das hinab stürzende Wasser der Niagara Fälle loslegte. Da musste ich sofort mein Veto einlegen und die mittlerweile schon routinemäßige Bremse ziehen und meiner schönen Gesprächspartnerin erst einmal wieder erklären, dass ich ein abgewandelter Deutscher bin, der der französischen Sprache zwar mächtig ist, mit dieser gesprochenen Geschwindigkeit aber nicht mithalten könnte und dem Monolog und möglicherweise sogar zwischendurch gestellten Fragen nicht folgen könnte. Und wie fast immer erntete ich für meine lustig formulierte Erklärung sowohl ein Lächeln als auch eine Entschuldigung und das Versprechen, dass es ab sofort langsamer gehen würde.

Es folgte das Übliche. Die Frage nach dem "Ich". Wer bin ich, wo wohne ich, was will ich? Und das konnte ich nun in Ruhe alles erklären. Unsere Adresse habe ich mittlerweile so oft nennen müssen, dass ich die schon aus dem Effeff nennen konnte. Auch die Beschreibung des Umstandes, der vermutlich zu den ständigen Unterbrechungen führen würde, ging dank der guten Vorbereitung durch Gilles recht flüssig. Es endete alles sogar so, dass sie alles, was ich ihr erzählte, verstanden hat. In Deutschland wäre man nun aber vermutlich am Ende des Gespräches. Möglicherweise müsste man noch seine IBAN durchgeben und schwupp hättest Strom. Nicht so hier in Frankreich. Die nette Dame begann sich über unseren Haushalt zu informieren. Welche Geräte wir den so hätten? Wie wir heizen würden? Wieviele Personen sich durchschnittlich im Haushalt aufhielten usw. . Dann spuckte ihr Computer den für uns voraus berechneten Strombedarf aus und bestimmte die erforderliche kW Menge mit exakt 6 kW. So, wie es zuvor dann auch für Sandra und Bernard galt. Die Rahmenbedingungen hatten sich zunächst ja nicht geändert. Wir behielten die Ölheizung, zumindest vorerst und hatten bisher lediglich eine weitere Kühltruhe (für die Tiefkühltruhe-Hundenahrung) gekauft. Dabei hatten wir ohnehin schon auf eine gute Qualität mit geringem Stromverbrauch geachtet.

Ob das denn ab sofort gälte, wollte ich wissen und vermutete, dass sie mir antworten würde: Ab dem 01.11.22 schalten wir das für sie frei. Die Antwort fiel aber ganz anders aus. Sie versprach, dass der Vertrag in der Nacht um 0:00 h eingehen würde und dann normalerweise keine Ausfälle mehr zu erwarten seien. Sollte es wieder erwarten nicht sofort funktionieren, dann soll ich in die Garage zu meinem Linky gehen und durch mindestens fünf sekundiges Drücken des rechten Knopfes (neufranzösisch: Buttons) einen Reset herbeiführen.

Na super, nun soll ich hier auch noch den Elektriker raushängen lassen. Auf diese Weise nehmen wir diesen Konzernen die Arbeit ab. Ich bedankte mich höflich für die Freundlichkeit und die Mühe, die sie sich mit mir gemacht hatte und wünschte ihr noch einen wunderschönen Tag. Das ging mir in Deutschland immer ganz locker über die Lippen. Dagegen ist es hier in Frankreich zwar bei jeder Gelegenheit teilweise übertrieben höflich aber in diesem Zusammenhang endet ein Gespräch fast immer nur mit einem bonjour oder bon soirée.

Halbwegs beruhigt gingen wir abends dann schlafen und hofften, dass am nächsten Morgen alles wieder normal funktionieren würde. Besonders natürlich die Kaffeemaschine. Ich wollte mich von meinem iPhone um 00:01 h wecken lassen und alle Elektrogeräte zum Test einschalten. Am Ende meiner Überlegungen stand dann jedoch der Gedanke, dass ich statt mitten in der Nacht aufzustehen besser durchschlafen sollte. Wenn es nicht funktionierte, würde ich es schon früh genug merken, wenn unsere Kaffeemaschine mitten im Mahlvorgang wieder abbrechen würde.

Vor dem Einschlafen zählte ich ausnahmsweise keine Schafe, sondern die kW/h
auf unserem Linky.

Einwohnermeldeamt

Donnerstag. Die Kaffeemaschine lief, das Licht ging auch an. Ich benutzte keine weiteren Geräte. Aus Vorsicht. Ich wollte erst einen Elektriker konsultieren. Bernard hatte mir in englischer Sprache, derer ich mächtig bin, dass wir den Strom von EDF (dem führenden Energieanbieter in Frankreich gesprochen. Ö De Eff) beziehen würden und dass der Eigentümerwechsel automatisch registriert werden würde. Ganz schön fortschrittlich. Passt zu dem Ding im Keller, das sich Linky nennt und alle Informationen über das eigene Stromnetz an EDF sendet. Der Verbraucher wird immer gläserner.

Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Rathaus unserer Gemeinde Plusquellec. Dem Ort mit 593 Einwohnern (lt. Wikipedia).

https://de.wikipedia.org/wiki/Plusquellec

Wir wollten uns hier nun auch ordnungsgemäß anmelden. Wir kennen das ja aus Deutschland. Geht man irgendwo weg … schön abmelden. Kommt man irgendwo an … schön anmelden. Demzufolge stiegen wir in unseren Volvo und fuhren zum ersten Mal in unser Dorf. Der Weg zum Rathaus und damit zum Kern des Dorfes beträgt ca. 7,5 km. Aber nur, weil es keine direkte Verbindung gibt, denn dann wäre es viel kürzer. Wir wohnen quasi am äußersten Rand des Dorfes. In unserer Umgebung gibt es nur noch zwei bewohnte Häuser, das von Louisa und Walter (der irische Journalist und die amerikanische Künstlerin) und daneben das von Claudine und Jean Francois (der ehemaligen Pétanque Spielerin und dem Automechaniker). Trotz der 7,5 km ist man relativ schnell da. Als erstes sieht man diese wunderschöne alte Kirche aus dem 14. Jahrhundert. Das Rathaus ist nicht weit davon entfernt und verbirgt sich im Schatten der Kirche. Das Rathaus ist ein kleines Gebäude, und besteht exakt aus einem Büroraum. Direkt nebenan ist der Gemeindesaal. Dahinter die Dorfschule und der Kindergarten.

Wir betreten das "Rathaus" durch die einzige Tür, die sich überhaupt an diesem lang gezogenen Gebäude befindet. Dieser erste Raum scheint Vorzimmer, Touristeninformation und einfach alles andere gleichzeitig auch zu sein. Links neben der Tür steht ein Tisch, gefüllt mit Prospekten, die über Einkaufsmöglichkeiten bei direktvermarktenden Bauern Info bieten, sowie Bekanntmachungen, Infos über Mülltrennung und die Orte der aufgestellten Müllkontainer. Die Müllabfuhr kommt nämlich nicht ans Haus. Man entsorgt seinen Müll in schwarzen Mülltüten in die entsprechend aufgestellten Container. Unsere stehen vor dem Haus von Louisa und Walter. Es ist also eine bunte Mischung von allem was man dort in dem Vorraum findet. Unter anderem auch eine Klingel mit dem freundlichen Hinweis … "bitte klingeln".

Das machen wir und … nichts passiert. Nach ein paar Minuten Klingel ich noch einmal und eine Stimme ruft, dass wir noch kurz warten müssten. Wie in Deutschland. Behörden sind doch überall gleich, oder nicht?

Plötzlich öffnet sich die Tür und ein orange gekleideter Mann kommt aus dem Büro und kurz darauf noch ein zweiter. Dann erschallt es… Kommen Sie doch rein. Die Tür steht noch etwas geöffnet. Wir sehen eigentlich nicht viel. Erst als wir das Büro betreten sehen wir dass es klein ist. Links neben der Eingangstür ein Schrank. Direkt vor den Augen und mitten im Raum ein großer Schreibtisch im L-Format. Am kurzen Schenkel des "L" schaut man aus dem Fenster zu Kirche und dem Parkplatz. Am langen Schenkel des "L" stehen zwei Regale, der Stuhl der Mitarbeiterin, hinter ihr ein überdimensionaler Drucker, Kopierer und was der sonst noch alles kann. Rechts neben dem Schreibtisch zwei Büroschränke und an unserer Seite auch noch zwei Büroschränke. Alle Regale und Schränke waren bis auf den letzten Zentimeter beladen.

Hinter dem Schreibtisch saß die Sekretärin und auf dem einzigen freien Platz in diesem Büro stand ein Mann. Die Sekretärin, dunkelhäutig aber durch und durch Französisch stellte sich uns als Clairecile (Klärsill) vor und stellte uns den Mann als Bürgermeister Jacques le Creff vor. Und der wollte auch sofort wissen, welches Anliegen wir hätten. Ich erklärte, dass wir gerade zugezogen wären und wir uns nun anmelden wollten. Zu unserer Verwunderung verlief die nächste Stunde nicht verbissen amtlich, wie in Deutschland, sondern eher total locker. Wir mussten zunächst einmal die Neugierde stillen und erzählen, woher wir kamen und was uns nach Plusquellec getrieben hätte. Über die Beantwortung dieser Fragen mit Zwischen- und Nachfragen verging fast eine Stunde ohne dass etwas geschehen wäre. Nachdem es eigentlich nicht mehr viel zu erzählen gab und wir mittlerweile auch schon bei Jacques und Berti bzw. Clairecile und Maelle angekommen waren, sagte Jacques zu Clairecile, sie mögen uns doch dann bitte registrieren. Sie wandte sich uns ab, drehte ihren Bürostuhl einmal um 180 Grad, schnappte sich eine Kladde, drehte sich wieder zu uns, schnappte sich die Ausweise, die ich ihr auf den Tisch gelegt hatte und schaute rein. Dann fragte Sie, wo wir das Haus gekauft hätten und wer vorher dort gewohnt hat. Jacques erzählte ihr, dass wir unweit von Jeff (Jean Francois) wohnen würden. Jeff sitzt im Gemeinderat und ist im Rathaus wohl bekannt. Maja (so sollten wir der Einfachheit halber Clairecile nennen) nahm sich ein Radiergummi und radierte in der Kladde unseren lieben Catweazle und seine Frau aus und schrieb unsere Namen an dieser Stelle ein. Wir warteten auf mehr, weitere Amtshandlungen, eine Rechnung für die geleisteten Dienste. Scheinbar machte ich ein so blödes erwartungsvolles Gesicht, dass Maya fragte, ob sie noch etwas für uns tun müsse. Eigentlich würde ich auf die Rechnung warten. Die gab es aber nicht. Die letzten eineinhalb Stunden Entertainment und Dienstleistung waren gratis.

Trotzdem hatte ich da noch etwas, was ich Jacques fragen konnte. Ich wollte von ihm wissen, ob er eine Lösung für mein Elektroproblem anzubieten hätte. Da muss ein Elektriker her, sagte er und ich schilderte, dass ich bereits zwei ohne durchschlagenden Erfolg angerufen hätte. Jacques griff zu seinem iPhone, wählte eine Nummer und erzählte dem anderen am anderen Ende der Leitung von den Deutschen mit dem schwerwiegenden Elektroproblem. Ob er nicht mal nachschauen könne. Der Angerufene war Gilles, dem ich auf den Anrufbeantworter gesprochen hatte und der sich nicht mehr gemeldet hatte. Er schien den Umstand der Vollbeschäftigung auch Jacques noch einmal zu erläutern, der aber nicht locker ließ.

Er würde nach der Mittagspause kurz bei uns reinschauen. In Frankreich gibt es ja glücklicherweise noch die Tradition, dass alle Arbeitnehmer zwischen 12:00 und 14:00 ihre Pause machen können und zum Essen entweder nach hause oder ins Restaurant fahren können. Wir würden nun auf jeden Fall sofort nach hause fahren und auf Gilles warten.

Lange mussten wir nicht warten. Er war absolut pünktlich, ließ sich von mir die Elektroinstallation zeigen und marschierte schnurstracks zum Linky, drückte hier, las dort was ab, prüfte mit einem Phasenprüfer, kontrollierte die Verkabelung und meinte dann. Alles in Ordnung. Die Anlage ist völlig in Ordnung. Welchen Vertrag ich denn abgeschlossen hätte. Linky würde ihm anzeigen, dass ich einen 6 KW Vertrag habe. Das könnte möglicherweise das Problem sein.

Wie, welchen Vertrag ich abgeschlossen hätte? Bernard hat doch gesagt, das ginge hier in Frankreich automatisiert. Der Notar würde die Eigentumsinformationen weitergeben. Stimmt das etwa auch nicht?

Und wieder einmal war ich den Erzählungen von unserem Lügenbaron von Catweazle auf den Leim gegangen.

Sofort, nachdem Gilles mit seinem Fahrzeug das Gelände verlassen hatte, setzte ich mich ans Telefon und wählte die Nummer von EDF.

Aber das ist wieder eine eigene Geschichte!

Alles durchgeknallt

Nachdem Roger weg war, versuchten wir mit großer Mühe die Berge toter Fliegenkadaver aufzusaugen. Aber jedes Mal, wenn wir unseren Staubsauger, einen Kärcher Industriesauger einschalteten, flog die Sicherung raus. Das war zuvor beim Einsatz von Roger auch schon einige Male geschehen. Wir führten das auf die unterschiedlichen in Betrieb genommenen Geräte zurück. Rogers (spricht man übrigens phonetisch "Roschee" aus) Dampfmaschine, die Kaffeemaschine, die Heizung und der Industriestaubsauger ohne noch die ganzen Kleinabnehmer wie Licht oder die Heizung, die Kühlschränke und Kühltruhen und meinen TV-Computer (er wird nur zum Internet Fernsehen - in meinem Fall NPO Radio 2) genutzt, mit aufzuzählen.

Ich begab mich auf die Fehlersuche. Nachdem die Sicherung (unser Linky) wieder einmal rausgeflogen war, schalteten wir nach und nach die Geräte wieder ein. Licht - kein Problem. Kühltruhen und Kühlschrank - kein Problem. Kaffeemaschine (ganz wichtig) - bumms, Sicherung raus. Gestern ging's noch. Ich wußte nun keinen Rat mehr, suchte die Telefonnummer eines Elektrikers heraus und rief an. Tut mir Leid sagte er, ich habe soviel zu tun, dass manche Kunden monatelang warten müssen. Verdammte Hacke. Ich suchte noch einmal. Glücklicherweise kann man ja heute mobil über sein Handy nach so etwas suchen und ist dabei nicht unbedingt auf den Hausstrom angewiesen. Ich hatte aber kein Glück. Bei Gille (Gesprochen Schill) bekam ich nur den Anrufbeantworter dran, dem ich dann auch mein Leid klagte und ihn freundlich um einen Rückruf bat. Also nicht der Anrufbeantworter sondern Gille. Tat er aber nicht. So mussten wir uns mit dem Gedanken anfreunden, möglicherweise kalt duschen zu müssen, oder was noch viel schlimmer wäre, morgens keinen Kaffee zu bekommen.

Wenn ich nun behaupten würde, dass ich in der Nacht ganz beruhigt schlafen gegangen wäre, würde ich lügen. Ich war geradezu traumatisiert. Erst das Problem mit den Fliegen und nun das Problem mit dem Strom.


Le Marché de Callac

Ich liebe Märkte. Diese Leidenschaft begann mit meinem ersten Besuch der Stadt der Liebe - Paris. Damals gab es noch Les Halles, einen der vielen überdeckten Märkte in Frankreich. Eine wahnsinnig schöne Atmosphäre. Immer wenn ich in eine Großstadt komme, in der es noch eine solche Markthalle gibt, muss ich unweigerlich dort hin. Meine letzen traumhaft schönen Erinnerungen habe ich an die Markthallen in Barcelona an der Rambla und den alten Großmarkt in Medellin (Kolumbien). Ich könnte Stundenlang darüber laufen und staunen. In Frankreich sind es aber auch die vielen traditionellen Freiluftmärkte, die ein ganz besonders Flair haben. Das muß man den Franzosen lassen, Sie pflegen diese Tradition und kaufen insbesondere viele Bioprodukte dort.

Und das war auch die erste Erkenntnis, die ich dort auf dem Markt gewann. Es gab in diesem mit knapp über 3000 Einwohnern kleinen Ort verdammt viele Stände. Und die meisten boten Bioprodukte an. Da bezahlt man schon einmal für vier mittelgroße Äpfel etwas über 4 €. Der Kommentar des Markthändlers war etwas selbstironisch. Er sagte, die Äpfel seien etwas teurer. Sie wären jedoch Bioäpfel. Aber das macht Ihnen doch hoffentlich nichts.

Wir liefen weiter. Es gab gleich drei Fischhändler über eine Strecke von max. 100 m verteilt. Zu Beginn des Marktes eine Frau mit einem Stand, der perfekt in den Film Alice im Wunderland gepasst hätte. Der war nicht groß und ihr Vorrat an verkaufsbarer Ware war entsprechend geschwunden. Die anderen beiden waren Verkaufswagen, wie wir sie auf deutschen Märkten auch finden. Der Unterschied ist auf den ersten Blick sichtbar. Die Auslage war proppenvoll mit frischem, appetitlich aussehendem Fisch. Die Schlange, die sich vor diesem Wagen gebildet hatte, zählte sicher mehr als zehn Personen. In Callac scheint man mittwochs Fisch zu essen. Und der wurde dort nicht gerade verschenkt.

Viel preiswerter war es an dem zweiten Wagen. Das Angebot unterschied sich nicht wesentlich, die Preise lagen aber alle unter denen der Konkurrenz. Vermutlich war das der Grund, weshalb die Schlange der Wartenden sicher dreimal so lang war. Hinter der Theke bedienten zwei Frauen, so wie man sie sich auf so einem richtigen Fischmarkt vorstellt. Etwas rundlich, nicht riesig groß, mit Schürzen auf denen sich Spuren von dilettierten und ausgenommenen Fischen deutlich erkennen ließen. Dazu dann beide mit Kopftüchern. Ein Markt wie gemalt und ein wenig in der Zeit zurück versetzt. Ich schwelge in Nostalgie.

Direkt gegenüber steht ein Vietnamese, der mit seiner Frau bedient. Das sieht alles ganz anders aus, als das was wir bisher in Venlo oder Nijmegen in den Einkaufsstraßen gesehen und gegessen hatten. Sogar eine Frühlingsrolle gab es zumindest hat der Vietnamese das mit "Rouleau de Printemps" wörtlich übersetzt. Sollen wir mal eine essen? Jau, ich bestellt eine (meine Frau spricht ja kein Französisch) und wundere mich, dass unser kleines Schlitzohr die Flühlingslolle nimmt und direkt in eine Schale legt. Wie jetzt, nicht frittiert, nicht heiß? Nö, antwortet er mir. Möchten Sie vielleicht lieber doch nicht. Das war ja nun absoluter Blödsinn. Wenn einer beim Essen abenteuerlustig ist und alles mitmacht und probiert, dann bin ich das.

Geschmacklich war diese Rohkost eigentlich gar nicht so schlecht, gegen das Produkt meines Lieblingsvietnamesen in Nijmegen konnte es aber definitiv nicht anstinken.

Als wir den Markt in Richtung Kirchplatz, der gleichzeitig auch der zentrale Parkplatz ist, zurückliefen, mussten wir an einer Café / Bar vorbei. Das ist eigentlich, das was wir in Deutschland eine Kneipe nannten. Man bekam dort natürlich nicht nur Kaffee, sondern auch Wein und Bier. Gleichzeitig sind diese Lokale auch Tabakhändler, Zeitungsstand und Lottoannahmestelle. In diesem Fall auch noch Treffpunkt der vielen englischen Mitbewohner in Callac, Plusquellec und Umgebung. Engländer erkennt man sofort. Helle Haut, manchmal rote Haare, oft einen Seemannsbart, natürlich die passende Mütze und alles in allem auch typische Kleidung. Kleidungstechnisch also den importierten Inselstatus. Die ganze Situation strahl eine unglaubliche Gemütlichkeit aus. Weder hier noch auf dem Markt gab es irgendwo auch nur den Ansatz von Hektik zu spüren. Ich nenne solche Situationen auch gerne "Tagesurlaub".

Bei unserem Besuch habe ich dann auch gelernt, dass es oben an der Küste sogar einen Markt gibt, zu dem die Leute sogar hundert Kilometer weit anreisen.

Ich werde darüber berichten.

Massengrab

Die Sache mit den Fliegen ließ meiner Frau keine Ruhe. Noch am Tag der Hausübergabe surfte sie durch das Internet und fand eine Adresse einer Firma, die Insekten bekämpft. Die rief ich am 17.10.22 an. Service Antiparasitaire de Bretagne oder kurz S.A.B.. Ich schilderte unseren Wunsch und unsere Vermutung, dass wir scheinbar viele Fliegen auf unserem Dachboden hätten. Die freundliche Stimme am anderen Ende gab mir zu verstehen, dass sie so schnell als möglich einen ihrer Techniker informieren würde, der sich dann bei mir melden würde. Zu dieser Zeit operierte ich immer noch mit meiner deutschen Mobilfunknummer, da ich ja sonst nicht zu erreichen gewesen wäre. Und das funktionierte tatsächlich.

Rund um 15:00 h wurde ich angerufen und ich gestehe nun ein, dass ich die ersten Sekunden, vielleicht sogar Minuten absolut nichts begriff. Ich hatte die S.A.B. zwar angerufen und um einen Termin gebeten, hatte aber den Namen völlig verdrängt und stand nun während des Telefonates völlig auf dem Schlauch. Dann griff ich zu einem altbewährten Mittel. Ich erklärte dem Anrufer in meinem deutlichsten Französisch, dass ich Deutscher sei und kein Wort verstehen würde, wenn die Leitung so schlecht ist und die Anrufer dann auch noch schnell sprechen. Dazu muss man wissen, dass es hier in der Gegend mindestens so viele Funklöcher gibt, wie Hügel oder Berge. Das ist hier ja schliesslich wie das kleine Sauerland. Das verstand er sofort und wiederholte für mich dann alles noch einmal ganz verständlich. Er sei von S.A.B. und sollte mich anrufen. Er wäre in jedem Fall vor 16:00 h noch bei uns und würde sich die Situation anschauen. In jedem Fall …. und vor 16:00 h sind hier in Frankreich nur Richtwerte. Aber meistens kommen sie dann wenigstens.

Um 16:10 h war er da. Ich bat ihn rein. Wir setzten uns an den Tisch. Ich bot ihm Kaffee an. Das bricht immer das Eis, wenn man die Leute nicht sofort an die Arbeit schickt. Er hieße Roger und wäre der Techniker, der für die Parasitenbekämpfung zuständig wäre. Ich erzählte, das wir "nach den Aussagen der Verkäufer" vermuten, dass es auf dem Dachboden mehr Fliegen gäbe als uns möglicherweise lieb sein könnte. Roger machte einen fest entschlossenen und zuversichtlich Eindruck das Problem (bisher nur eine Vermutung) anzugehen und zu lösen. Er ließ sich von mit in die obere Etage leiten und schaute zum Einstieg zum Dachboden. Dann schaute er mich an und ich ihn, wir gemeinsam dann den kleinen Holzrahmen bei dessen Ausmaßen jeder von uns beiden noch gut zwei Wochen auf Diät gehen müsste. Dann holte er sich eine Leiter. So ein Ding, das ganz klein ist und durch die unzähligen Module bis auf mehrere Meter ausgefahren werden kann. Er zog sich einen weißen Schutzanzug an was die Sache nun total spannend machte. Vermutete er da oben vielleicht Bienen oder Wespen? Er verschwand mit einer leistungsstarken Taschenlampe in dem Loch. Ging aber gar nicht bis ganz oben, sondern kehrte zurück, schüttelte mit dem Kopf und meinte, so etwas hätte er in seiner Laufbahn noch nie erlebt. Alles sei voller Fliegen. Ich fragte ihn, ob er auch den dazu passenden Kadaver gefunden hätte? Männlich? Oder Weiblich? Möglicherweise mit Britischem Passport? Nein, sagte er ganz ernst, lediglich Millionen von Fliegen.

Einerseits zeigte er sich nun schockiert, anderseits nun aber auch angespornt der Sache Herr zu werden. Ich komme gleich wieder, sagte er und verschwand zu seinem Auto, das sich lediglich durch die Außenfarbe des Fahrzeuges der Ghostbuster unterschied. Als er dann zurück kam, trug er einige Hilfsmittel ins Haus, die tatsächlich an die Utensilien eines Imkers erinnerten. Wir sollten den Staubsauger bereit halten und alle Zimmertüren schließen sagte er und verschwand durch das Loch. Wir waren stark beeindruckt und beängstigt. Das waren ja nun einmal deutliche Ansagen. Und kaum hatten wir das zu Ende gedacht, flogen die ersten Fliegen fluchtartig aus der Dachluke, taumelten jedoch auf dem Weg bereits und verstarben noch bevor sie zum Landeanflug hätten ansetzen können. Und es kamen immer mehr. Plötzlich versagte die Spritze von Roger seinen Dienst. Der Strom war weggefallen. Ich in den Keller an unseren Linky. Das ist so etwas wie eine Fernbedienung des Anbieters für den Stromverbrauch. Damit können Sie alles ablesen und auch die tarifliche vereinbarte Leistung überprüfen. Als ich auf den Resetknopf drückte, fiel mir der Begriff Überschreiten der Leistung zwar auf, aber ich maß ihm keine Bedeutung bei.

Roger konnte weiter arbeiten. Das war nun einmal wichtig. Mit Fortschritt seiner Arbeit versuchten weitere drei Milliarden Fliegen zu flüchten und stürzten dabei dem sicheren Tod entgegen. Der Boden bedeckte sich. Der ganze Flur war schwarz. Zentimeter hoch.

Irgendwann kam Roger dann wieder hervor und meinte: Das war's. Nun ist es vorbei. Er wunderte sich wohl, dass unsere Vorbesitzer scheinbar die gesamte Zeit ihrer Anwesenheit in diesem Haus nichts gegen die Fliegen unternommen hätten. Auch wenn er glaube, dass da nun nicht mehr viele Überlebende sein würden, käme er zu einer zweiten Behandlung in einer Woche noch einmal wieder. Es würde den gleichen Preis kosten. Und dabei reden wird über 180 € für die aufgewendete Zeit, die Anreise und den Arbeitslohn. Für zwei Besuche und zwei Behandlungen nicht schlecht. Noch einen Kaffee Roger? Wir unterhielten uns noch ein Weilchen und ich liess mich dabei über sein Handwerk und seine Erfahrungen aufklären.

Als wir dann wieder alleine waren, machten wir uns an die Reinigung unseres Flures, der von oben bis unten zentimeterdick mit toten Fliegen bedeckt war. Und damit begann das nächste Problem, von dem ich morgen berichten werde.

The Fly

Die Weihnachtspause ist vorüber. Es geht weiter.

Es ist der 14.10.2022. Der Tag der Übergabe des Hauses. In der Bibel würde nun von einer Offenbarung sprechen. So etwas Ähnliches widerfuhr uns an diesem Tag auch.

Wie vereinbart, erreichten wir am frühen Nachmittag Plusquellec. Ich rangierte zum ersten Mal unsere Becassine rückwärts …. den Berg hoch. Zum Hangar traute ich mich trotz Volvo mit dem Wohnwagen nicht. Die Erinnerung an die Schlammschlacht und das Abenteuer einen LKW den Berg hoch zu schleppen waren zu frisch. Da würde ich doch lieber warten wollen, bis zumindest der Weg trocken ist. Nachdem ich die Comtesse geparkt hatte lugte Bernard schon aus der Tür. Halb angezogen - Engländer haben tatsächlich eine kalkweiße Haut - fragte er mich, ob wir noch etwas warten wollten und die beiden noch duschen dürften. So einen Wunsch würde ich niemals abschlagen. Schon gar nicht, wenn mich ein halb nackter Mensch, den wir offensichtlich überrascht hatten mit grinsendem Gesicht so lieb fragt. Er hat manchmal tatsächlich etwas von Catweazle. Ich hätte ihn fragen sollen, ob er diese Rolle in früheren Jahren verkörpert hat.

Wir überbrückten die Zeit damit, die Hunde auf die Wiese zu bringen, ihrem zukünftigen und weitläufigen eigenen Freizeitpark. Und dann kam der geduschte Catweazle raus und wollte nun die offizielle Übergabe in die Wege leiten.
Als Wichtigstes erschien ihm der "fosse septique" - unserer eigene Klärgrube im Mehrkammer System, die nicht geleert werden muss, sagte er. Man müsse lediglich regelmäßig eine Portion Bakterien hinein geben. Er hätte mir noch etwas da gelassen. (Ich suche heute noch danach). Dann gingen wir ins Haus, wo er uns die Ölheizung präsentierte. Wie das alles funktionierte wisse er nicht, dafür hätte er Georg (engl. phonetisch Dschortsch). George war für unsere Vorgänger das Mädchen für alles. Auch Engländer, der mit seinen Eltern und zehn Geschwistern (zumindest sind es aktuell so viel) in die Bretagne gekommen ist und hier nun als ausgebildeter Elektriker und Heizung- und Sanitäinstallateur. Georg gehört bei uns auch schon zum lebenden Inventar. Mittlerweile liebt er Stauder Pils. Er geht nicht eher, bis ich ihm eins angeboten und mit ihm getrunken habe.

Eine Ölheizung hatte ich ja auch schon einmal, so kompliziert wird das doch wohl nicht sein? Ohhh doch, da waren Kräne /Absperrventile, die ich mir alle nicht erklären konnte. Bernard aber auch nicht! Ich solle mich an George wenden. Mach' ich Bernard. Mache ich! Aber die Alarmanlage kannst du mir bitte noch erklären. Wo steht der Monitor, wo das Aufzeichnungsgerät? Da wurde Bernard plötzlich etwas komisch und druckste ein wenig rum bis er zum Schluss offenbarte, dass es überhaupt keine Alarmanlage gäbe. Die ganzen Kameras und die Sirene seien alles nur Attrappen.

Unser Traumhaus nahm immer mehr die Züge einer Wundertüte an. Im Minutentakt wurden uns nun unschöne Offenbarungen gemacht. Und da war es dann wieder, die letzte Mitteilung, die ich in solchen Fällen immer gerne mit Steve Jobs (Apple) Präsentationssatz zum Ende einer Vorführung vergleiche, wenn er dem Publikum sagte: One more thing! Bei Jobs folgten dann Ankündigungen neuer Geräte oder neuer Software. Bei Bernard war es der fast gefühllose Satz: Ach ja, im Sommer gibt es auf dem Dachboden viele Fliegen. Draußen hatten wir die schon an der Hauswand gesehen. Ach Gott, wir wohnen doch auf dem Land.

Diese Auskunft musste allerdings irgendeine tiefere Bedeutung haben. Und Fliegen mag Maél überhaupt nicht, die wechseln bei ihr entweder den Standort oder die Dimension. Dann verändert sich ihr Aggregatzustand von schwarz, brummend und fett …. In … platt, schmierig und manchmal blutig. Sieht echt unschön aus.

https://de.wikipedia.org/wiki/Fliegen (Besonders unappetitlich ist der Absatz Ernährung)

Sandra und Bernard verließen uns in ihrem weißen Ford mit französischem Kennzeichen, aber dem Lenkrad auf der falschen Seite. Maél hinterließen sie in ihrer Angst vor Fliegen. Ungeachtet der Hiobsbotschaften begannen wir unsere Sachen aus der Becassine, dem Anhänger und den beiden Volvos auszuladen.

Catweazle und seine Frau hatten uns ein Schlafzimmer im Haus gelassen. Statt nun müde in dem Zimmer, in dem das Schlafzimmer aufgebaut war , ins Bett zu fallen, zwang mich meine Frau, zumindest das Bett in das für uns geplante Schlafzimmer (mit eigenem Badezimmer) zu bringen, weil sie unbedingt in ihrem neuen Schlafzimmer schlafen wollte. Ihrer esoterischen Argumentation kann ich dann nicht immer folgen, ich stelle vieles von dem in Frage.

Nachdem wir dann ausgeladen, reingetragen, eingeräumt und umgebaut hatten, gab es für mich dann tatsächlich noch ein geruhsames End rund um 02:00 h morgens.

Von den Fliegen werdet ihr schon bald noch mehr hören werden.

Der Ischias und die Erinnerung an mittelalterliche Folter

Es plagte mich schon eine ganze Weile, schon Wochen vor unserem Projekt „Umzug“, dieser stechende Schmerz in meiner Pobacke, der sich über das linke Knie bis in den von tausenden Ameisen besiedelten Fuß zog. Das Bein nahezu paralysiert.

Morgens, beim Aufstehen, zeigt sich ein schreckliches Bild. Es erinnert an den Gang von Quasimodo. Allerdings trug er sein Leid mit Fassung, derweil ich bei jeder Bewegung stöhne. Ich nehme das nicht leicht hin und habe schon eine Reihe von Chiropraktikern aufgesucht. Einer versuchte es mit Wirbel einrenken und Massage, ein anderer mit dem Ausgleichen meiner Beinlänge und Einrenken. So war ich dann trotz meiner Schmerzen in den Umzug gegangen. Sammeln, sortieren, in Kartons verpacken und nach unten tragen. Jede Bewegung begleitet von einen „ahh“ und dem Gedanken: „da musst du nun durch“.

Nachdem nun hier alles wieder aus dem LKW abgeladen und im Hangar verstaut war, gab ich mir Mühe mit selbsterfundenen und abgeschauten Übungen Erleichterung zu verschaffen. Ich bin ja kein Freund von Medikamenten, denn wenn man den Schmerz nur unterdrückt geht er ja nicht automatisch weg. Und ich möchte ja gerne diesen Moment, den ich vor über 40 Jahren bei meinem Freund und Heilpraktiker Herman Kusters erlebt hatte, noch einmal erleben. Eine richtige Bewegung und schwupps ist der Schmerz weg.

Nun wurde es aber wieder so unerträglich, dass ich mir im Internet einen Chiroprakteur (der französische Bergiff für Chiropraktiker) in der Nähe von Bains sur Oust suchte und schnurstracks dorthin fuhr. Das war gestern. Das System ist hier aber ein klein wenig anders. Den Chiroprakteur fand ich gestern, zumindest sein Schild an der Tür, im „Maison de Santé“ (Haus der Gesundheit) ca. 8 km von unserem Camping entfernt. 9 Schilder an der Eingangstür, obwohl das Gebäude, eine alte Longère (quasi ein altes Reihengebäude, das ehemals ein Bauernhof samt Stallungen war) gar nicht so groß erschien. Mein vermeintlicher Helfer Helfer in meiner Not war allerdings dabei. Es gab aber keine Rezeption, lediglich ein Wartezimmer (salle d‘attente) und Behandlungsräume. 10 Minuten wartete ich dort, bevor ich unverrichteter Dinge wieder abzog und vom Auto aus in der Praxis anrief. Ich bekam Monsieur relativ schnell an den Apparat, schilderte mein Problem und bat um einen Termin.

Sehr überrascht nahm ich sein …. „morgen früh um 10:30“ entgegen. Auch sein …. er wäre wohl nicht da, dafür würde sich Laure (phonetisch: "Lohr") aber meiner annehmen. „Kann Sie mir denn auch helfen.“ wollte ich wissen? „Genau so gut wie ich, sie sei eine Expertin!“ entgegnete er. Ihr Name sei …. Laure Nivault und sie brächte mich wieder auf das Niveau meiner Gesundheit.

Und nun saß ich im Wartezimmer, fünf Minuten vor der Zeit (…sind des Beamten Pünktlichkeit) und stellte mir Laure vor. Groß, muskulös. Immerhin müsste sie ja in der Lage sein mich zu bewegen. Vermutlich eine durchtrainierte Bodybuilderin, vollbepackt mit Muskeln. Schwarze Haare, einen angedeuteten Männerbart.

Während ich so vor mich hin phantasierte und die Kontaktversuche eines Mitwartenden mit einem knappen „oui“ „non“ oder einer kurzen nichtssagenden Phrase quittierte, stand eine zierliche Frau im Türrahmen, die meinen Namen nun zumindest schon zum zweiten mal nannte und mich in die Realität zurückrief.

Ahh, die Sprechstundenhilfe. Ich folgte ihr in ein Behandlungszimmer. Hinten an der Wand ein Regal mit Büchern, medizinischen Modellen von Knochen und Wirbelsäule und Ähnliches, und Gerätschaften, die ich noch kennen lernen sollte. Davor ein aufgeräumter Schreibtisch. Schwarz, mit Computer, Tastatur und Drucker. Neben dem Drucker dieser Karten-Bezahlautomat für Kartenzahlung. Rechts neben dem Schreibtisch ein Behandlungstisch wie man ihn von jeder Massage kennt. Vor dem Schreibtisch ein Gästestuhl, ebenfalls schwarz, einfach aber ergonomisch. Auf dem nahm ich Platz. Hinter mir ein weiterer Behandlungstisch, der an ein Baukastensystem erinnerte, dass auch der Schreiner beim Bau von Pinocchio angewendet haben musste.

So, so, das war also nicht die Sprechstundenhilfe sondern Laure persönlich. Laure, maximal 35, tatsächlich fast schwarze lange Haare, die zu einem langen Pferdeschwanz gebunden waren, mit einem eher zierlichen aber für die Bretagne großen Körperbau, begann nun das übliche Prozedere.

Name, Vorname, Geburtsdatum usw. … Ich antworte brav. Sie erwähnt, dass Sie aus Tours (das "s" wird nicht gesprochen) käme. Ich kenne Tours. Eine sehr schöne Stadt an der Loire. Vielleicht ginge sie eines Tages zurück, obwohl es ihr hier in St. Perreux (bei Redon) sehr gut gefiele.

Wenn es mir nichts ausmachte, dann sollte ich mich auskleiden, das würde ihr die Behandlung erleichtern. Damit habe ich als alter FKK´ler ja bekanntlich kein Problem. Stellen Sie sich mal dort hin, drehen Sie sich mal um, lassen Sie mich mal fühlen. Tut das weh? Ich bin keine Heulsuse, aber bei manch einer Manipulation regierte ich schon etwas lauter.

Ihre erste Feststellung. Es ist alles total verspannt. „Treiben Sie Sport?“ Ich zähle auf und sie ist zufrieden. Weiter so. „Wann denn der Umzug vorüber sei?“ Wenn ich vorsichtig sei, dann könne ich mit entsprechender Behandlung danach mit Besserung rechnen. Mittlerweile liege ich nach Anweisung von Laure auf dem blauen Tisch, hebe ein Bein, lege es auf die andere Seite. Sie hängt über mir und drückt und zieht. Ich verziehe vor Schmerz mein Gesicht. Diesen Moment, wie damals bei Herman, den habe ich noch nicht erreicht. Sie drückt auf die Wirbelsäule, auf meine Hüfte. Alles schmerzt… macht aber nicht klick und vorbei.

Ich muss auf den Pinocchio Tisch wechseln. Achtung … so herum und bitte nicht dort anfassen und nicht drauflegen. Alles fühlt sich sehr gliedrig an. Der Tisch ist eine Zusammensetzung aus vielen einzelnen Modulen, die sich individuell bewegen lassen. Da liege ich also und verschiedenste Geräte finden ihre Anwendung. Etwas, dass einer Schusswaffe ähnelt, die man im Schlachthaus verwendet wird an die Kniekehle angesetzt und geschossen. Es tat nicht weh, hat aber auch nicht den gewünschten Effekt gebracht.

Dann wurde es aufregend, der Foltertisch kam zum Einsatz. Ganz freundlich und mich beruhigend sagte mir Laure, dass sie den Tisch hochpumpen werde und er sich plötzlich und unerwartet nach unten bewegen würde. Ach Gott, das hört sich an wie Kirmes. Und so geht es auch schon aufwärts und wenig später …. plumps … nach unten. Meine Gelenke wurden einzeln geschüttelt und nicht gerührt (würde James Bond feststellen). Der Knacks war aber immer noch nicht zu hören. Nun ging das Karussell einmal horizontal was bei mir allerdings noch mehr Schmerz auslöste. Laure merkte das und wechselte sofort die Strategie, machte auch sofort darauf aufmerksam, dass sich der Erfolg möglicherweise nicht am gleichen Tag einstellen würde. Diesen Satz hatte ich schon häufiger gehört und wusste nun, dass ich auch bei ihr nicht die erhoffte Besserung finden würde.

Tja, das Leben ist hart und da ich nicht unbedingt Fan von Sado / Maso bin, war ich am Ende froh, dass Laure mich mich wieder anziehen liess. Während ich mich wieder bekleidete, nahm sie schon hinter ihrem Opfertisch platz, klimperte ein wenig auf der Computertastatur herum und lächelte mich beim kontrollierenden Aufschauen lieb an. Die Freude war ganz auf ihrer Seite, denn sie hatte gerade die Rechnung für meine Behandlung geschrieben. Wenn ich nun völlig schmerzfrei gewesen wäre, in diesem Fall sogar im doppelten Sinne, dann hätte mich der zu zahlende Betrag nicht vom Hocker geworfen. Nicht schmerzbefreit hätte ich mich, wenn ich nicht schon gesessen hätte, nach Präsentation der Rechnung, auf jeden Fall setzen müssen. 45,00 € setzen sich in fetten schwarzen Lettern auf diesem DIN A 4 Blatt dominierend von den restlichen Buchstaben ab. Schluck. 45,00 € für gerade einmal knapp über 20 erfolglose Minuten in der sie den Rütteltisch und diese Schweine-Erschiess-Maschine für sich arbeiten lies. Dafür bekommt man sogar im horizontalen Gewerbe eine umfangreichere körperertüchtigende Dienstleistung.

Dieser Besuch hatte sich nicht gelohnt, denn das versprochene Niveau habe ich nicht erreicht.

Ohne Bewußtsein

So ungefähr liest es sich, wenn jemand erstmalig Kontakt zu einem Unternehmen sucht, das einem bei einem Problem hilft, von dem man selber noch nicht weiß, ob es überhaupt ein Problem ist.

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Bonjour,
nous avons achetés une maison á 22160 Plusquellec. Ils nous semble, que nous avons un problèm de mouche sur notre grenier.
Si vous pouvez nous aidez et traiter notre grenier nous voulions bien faire rendez-vous sur place le plus tôt possible.
A partir du 15.10. nous sommes sur place á Plusquellec. Pour l‘instant nous avons toujours notre no de portable allemand: +49 151 xx57 1xx4.

Cordialment

Berthold Perret

Im Notariat

Bevor ich euch für ein paar Tage im Ungewissen über den weiteren Verlauf unseres Lebens lasse, weil wir einen Kurzurlaub im Ressort Arcen (in der Nähe von Wachtendonk), möchte ich zumindest noch den abschliessenden Kauf beschreiben.

Seit dem 28.09.2022 waren wir ja nun mehr oder weniger obdachlos und fristeten unser Dasein auf dem Campingplatz. Unruhig waren wir deshalb aber nicht. Um ganz ehrlich zu sein habe zumindest ich nun schon mehrere male Häuser gekauft und auch wieder verkauft. Da kehrt Routine ein. Und bei den Terminen beim Notar ist dann eigentlich auch immer der Notar oder die Notarin das Highlight. Was habe ich da schon alles erleben dürfen. Einer mit einer roten Nase, denn ich aus dem Lokal meiner Eltern kannte, in dem ich ab meinem 14. Lebensjahr gekellnert habe. Der war ein guter, ein sehr guter Kunde. Ein anderer, zum Kauf meines Hauses in Wachtendonk, war Furz trocken und absolut farb- und humorlos. Der Kauf meines ersten Hauses, damals mit Bianca, war schon deshalb sehr einzigartig, weil auch da alles schnell ging und unsere Sprachkenntnisse der französischen Sprache sehr limitiert waren. Das war auch der Grund, weshalb Martine damals als Bindeglied, als Vertraute, als Dolmetscherin an dem Termin teilnahm. Allerdings standen Martine's Deutschkenntnisse auf dem Niveau meiner Französischkenntnisse. Und dazu gehörte für keinen von uns die Rechtssprache. Also vereinbarten wir, dass Martine noch einmal aufmerksam zuhören würde und im Falle der Annahme, dass alles ok wäre, sie zustimmend aber wortlos mit dem Kopf nicken sollte. Sie nickte durchgängig, also hatte ich keine Fragen. Dann mussten wir alle das Schriftstück unterschreiben und die Sache war rund.

Dieser Termin würde nun ganz anders sein. Mittlerweile reichen meine Sprachkenntnisse so weit, dass ich zum Beispiel aktiv an Konversationen (jüngst auch über die aktuelle Politik) teilnehmen kann und mir immer häufiger das Kompliment gemacht wird, dass ich gut Französisch spräche. Ich verstehe das aber immer noch als eine höfliche Freundlichkeit meiner Gesprächspartner, fühle mich dennoch jedes Mal bauchgepinselt.

Unsere Verabredung stand für 14:00 h. Den Franzosen ist die Mittagspause heilig. Dann sind alle herkömmlichen Geschäfte (nicht die Supermärkte) bis 14:00 h geschlossen und die Restaurants nicht selten bis auf den letzten Platz belegt. In unserem (mittlerweile) Stammrestaurant, der Auberge Basque, werden die Gerichte trotz der angestiegenen Rohstoffe immer noch als Menu (also Vorspeise, Hauptgang und Nachspeise) für unter 15.00 € angeboten.

Da wir pünktlich sein wollten (typisch Deutsch oder typisch Beamter) erreichten wir den Notar, dessen Kanzlei im Industriegebiet von Callac ist, als erste. Von außen macht das Gebäude den Eindruck einer Lagerhalle. Man schaut automatisch wo denn da die Autos in die Werkstatt reinfahren würden. Auch von innen sind die Büroräume nicht feudal. Das Ensemble erinnert mich eher an Farben, Flure und Möbel aus meiner Grundschule. Kein Wartezimmer mit Ledersesseln, keine Mitarbeiterin, die einen in Empfang nahm und irgendwo hingeleitete. Lediglich hinter einem Glasverschlag, ein riesiges Fenster von sicher 4 Metern Breite und 2 Metern höhe mit so einem altmodischen Sprachlöchlein (da bin ich dann immer geneigt mich mit meinem Körper vorzubeugen um mit meinem Mund ganz nah an diese Öffnung zu gelangen) über der restlich Holzwand, die sich unter dem Fenster befand.

Niemand fragte uns etwas. Wir standen da rum als sich die Tür öffnete und Sandra und Bernard eintraten. Unsere beiden Engländer sprechen nicht viel und nicht sonderlich gut Französisch. Bernard auf jeden Fall mehr und besser als Sandra. Also führten wir unseren Smalltalk in English was auch für Maelle vorteilhaft war.

Dann tauchte ein in Jeans und Jacket gekleideter James Dean auf, der vom Aussehen her tatsächlich in jeden Film der 80'er Jahre gepasst hätte. Ich will damit sagen, dass er echt gut aussah. Ein wenig verwegen, die Haare fast schulterlang und wellig. Das war er dann … unser Notar. Scheinbar hatte er auch ein köstliches Mittagsmahl gehabt, denn seine Stimmung war ausgezeichnet. Er führte uns in ein Büro in dem anschliessenden Gang des rechten Flügels dieses Gebäudes. Auch hier alles Möbel, die sich sicher an ihre besten Jahre schon nicht mehr erinnern konnten. Er setze sich ganz leger hinter seinen Grundschullehrer Schreibtisch, während wir wie die aufgereihten Austern an einem Felsen ihm gegenüber Platz nahmen. Ganz rechts außen saß die ruhige Sandra. Zu ihrer linken Bernard. Dann kam Maelle, meine Wenigkeit und …. Anne (Änn, ihr erinnert euch noch? Die Maklerin).

Alles, was nun folgte erinnerte mehr an "Standup Comedy". Unser Notar stellte erst einmal fest, dass er mit mindestens vier Nationen (F, GB, D, und Ex-Col) und sehr unterschiedlichen Sprachen eine sehr illustre Truppe vor sich sitzen hatte. Voraussetzend, dass alle ihn verstehen, begann er das Verkaufsgespräch in Französisch. Als er merkte, dass er zumindest bei den Verkäufern in fragende Gesichter schaute, wechselte er ins Englische. Und ich brachte ihn dann völlig aus der Rolle, weil ich bei allen Kommentaren und Fragen hartnäckig Französisch antwortete. Da machte er dann für unsere englischen Freunde auch noch den Simultanübersetzer. Habt ihr schon einmal Franzosen erlebt, die Englisch sprechen. In der Freixenet Werbung hört sich die junge Französin, die Deutsch spricht sehr erotisch und angenehm an. Ähnlich war das bei unserem James Dean. Ich war echt geneigt die Augen zu schliessen und den Nachmittag zu geniessen. Aber ich musste ja immer antworten.

Natürlich habe ich auch zwischendurch gefragt. Warum ich zum Beispiel, statt der in der Anzeige angegebenen 23.000 qm nur knapp 19.000 qm kaufen würde. Monsieur Notar zuckte die Achseln und sagte uns dann, dass das im Kataster so eingetragen stünde. Änn ihrerseits konterte locker, dass das einfach nur ein Versehen sei. Ja, was sind schon 4.000 qm? Liebe Änn, da können vermutlich vier oder fünf Schafe von leben!!! Wir haben tatsächlich viel gelacht. Heute weiß ich, dass das Lachen unserer Engländer eigentlich das aufgesetzte "japanische" Lachen war. Nur, dass sie sich dabei nicht ständig mit dem Kopf nickend vornüber beugten. Uns sollte das Lachen auf jeden Fall noch vergehen. Das ist aber Gegenstand der folgenden Berichte.

Nach knapp einer Stunde, waren wir durch und James Dean schloss sichtlich amüsiert unsere Veranstaltung mit den Unterschriften aller Beteiligten. Dann händigte er uns allen noch eine Kauf- bzw. Verkaufsbescheinigung in die Hand und schickte uns damit zu einem Versicherungsmakler um das Haus durch uns nahtlos übergehend versichern zu lassen.

Gefühlsduselig betrat ich mit Bernard seine ihm vertraute Versicherungsagentur. Ich glaube, dass ist tatsächlich auch die einzige in Callac. Meine Erwartung war … rein, Vertag wie gehabt übernehmen, unterschreiben und raus. Die Realität war ….., dass sich die Gebäudeversicherungen prinzipiell und wesentlich verändert haben und das Frage und Antwort Theater mehr als eine Stunde gedauert hat. Lydie, die Versicherungssekräterin war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch gebürtige Engländerin. Davon gibt es in Callac nämlich sehr viele. Und die gingen vermutlich alle zu dieser Versicherung. Das musste für mich nun nicht schlecht sein, denn innerhalb weniger Tage hatte ich schon die Vermutung gewonnen, dass Engländer sehr sparsam sind. Aber auch dazu später noch mehr.

Zuhause, also ab jetzt unserem Zuhause, angekommen nahmen wir eine kurze Übergabe vor. Wir bekamen ein paar Erläuterungen zum "fosse septic" (wir sind nicht an die Kanalisation angeschlossen) sowie auch der Ölheizungsanlage. Irgendwie fühlt man sich ja überfallen und spricht natürlich nicht über alles. Dazu wäre dann aber am 15.10.22 anlässlich der Hausübergabe noch Zeit.

So machen wir das. Also dann, wir sehen uns am 15.!

The day after

Heute hieß es wieder …. Abschied nehmen. Heute werden die letzten direkten Verbindungen in die Heimat ihre Heimreise antreten. Das war ein echtes Abenteuer. Innerhalb von drei Tagen in Deutschland alles abbrechen und nach Frankreich verfrachten. Alle waren erschöpft, hatten deshalb trotz der widrigen Umstände, dass es kein Hochsommer mehr war, gut geschlafen. In der zweiten Nacht konnte man auf die Erfahrungen der ersten Nacht zurückgreifen. Die Abreise war für 08:00 h spätestens vorgesehen. Da lugten aber die letzten Mohikaner aber erst aus ihren Zelten und mussten erst noch einmal ihre Morgentoilette erledigen. Dieser Zug hatte also Verspätung :-).

Nicht nötig, zu erwähnen, dass irgendwann die Zeit auch keine Rolle mehr spielt. Da reicht es sogar noch für Mannschaftsfotos. Bitte recht freundlich. Klick. Im Kasten. Dann kam der schwerste Part. Wir standen rum, wußten das wir uns verabschieden müssten und irgendwie bekam keiner so richtig die Kurve. Es dauerte und ließ, als es anfing die Tränen rollen. Ich war vermutlich wieder derjenige, der am meisten heulte. Bianca ist auch recht gut darin und versucht mir immer den Rang abzulaufen. Auch wenn so eine Entscheidung, den Lebensmittelpunkt in ein anderes Land zu verlegen, irgendwann ausgereift und unumstößlich geworden ist, kommt es dennoch zu starken Gefühlsregungen. Zum meinem ersten Enkelkind Levin habe ich eine ganz besondere Beziehung. Nicht nur, weil er das erste Enkelkind war, vielmehr auch, weil er ein Junge ist und ich gemeinsam mit ihm schon einige sehr schöne Reisen verbracht habe. Männerurlaube. Wanderurlaube. Wir waren zweimal im Pitztal, einmal in der Rheinpfalz und einmal im Sauerland. Ich war von meinem kleinen Begleiter sehr überrascht. Ich habe mit ihm, vor allem im Pitztal bei den Bergtouren, Unterhaltungen führen dürfen, bei denen er mit mir auf einer Augenhöhe war. Über diese Souveränität in seinem Auftreten war ich erstaunt und stolz gleichzeitig. Da war er gerade einmal 13 Jahre alt.

Und nun stand ich da, drückte ihn ganz fest an mich, während ich vor mich hin heulte, und merkte, dass ich ihn mehr als alle anderen vermissen würde. Nach dem Heulkonzert hieß es dann "Aufsitzen", alle Mann an Bord. Roland und Stefan im LKW und Bianca und Levin im Verfolgungsfahrzeug. Wir reden hier nun über knapp Pausen Kilometer, die Roland und Bianca nun alleinig als Fahrer ihrer Fahrzeuge fahren müssten. Das ist kein Pappenstiel. Aber ich hatte zu beiden großes Vertrauen. Bianca ist für mich eine der besten Autofahrerinnen überhaupt, eine Chauffeurin, bei der ich auf Reisen Zeit unserer Ehe auf dem Beifahrersitz geschlafen habe. Und Roland ist in dieser Hinsicht ebenfalls über jeden Zweifel erhaben.

Wieder verfolgten wir den Fortschritt der Reise über unsere iPhones. Nachdem die Truppe nach dem Verlassen des Campingplatzes erst noch bei Intermarché auftankte und gleichzeitig noch ein paar Lebensmittel einkaufte, dauerte die Reise dann doch bis fast vor Mitternacht an. Dann aber kam von mehreren Seiten die Erfolgsmeldung, dass man sicher angekommen sei.

Während die anderen ihren Tag auf der Autobahn und auf Rastplätzen verbrachte, nutzten wir die Zeit die ersten Dinge zu erledigen, an die wir ab sofort denken mussten. Wir waren zwar noch in Urlaub, würden aber in 14 Tagen die Schlüssel für unser neues Haus erhalten. Natürlich konnten wir keine Großeinkäufe tätigen, denn wir standen ja noch auf dem Campingplatz aber "gucken kostet nix".

Unser Ziel war Intermarché um dort ein paar Lebensmittel für die nächsten Tage auf dem Campingplatz einzukaufen. Intermarché gehört mit zu den größten Supermärkten in Frankreich. Ich mag den Laden, weil er im Gegensatz zu den anderen Geschäften regionale Produkte anbietet. Eine ähnliche Philosophie wie die von EDEKA oder REWE in Deutschland. Darunter befinden sich auch eine Menge Eigenmarken, die zwar von regionalen Produzenten aber unter Markennamen von Intermarché angeboten werden.

https://www.intermarche.com/magasins/04391/Redon-35600/infos-pratiques

Das Gebäude des Supermarktes in Redon "Cap Nord" beherbergt auch eine Apotheke, einen Lotto- und Zeitungsladen, einen Schuster, eine Bar (Kneipe), eine Wäscherei, eine Bäckerei, ein Schuhgeschäft, Jaffray meinen Lieblings- Fischhändler, einen Optiker und …. einen Friseur. Ich kann euch gar nicht sagen, wie lange ich mich nun schon unwohl fühlte. Immer dann, wenn meine Haare eine bestimmte Länge erreicht haben und sich das eine oder andere Haar gegen den Wind aufbäumt - Leute, das fühle ich, ich kann euch sogar sagen, welches Haar das war - dann muss ich mir unbedingt das Haupthaar kürzen. Ihr habt richtig gehört. Das mache ich selber. Und das hat Geschichte. Irgendwann vor gefühlten 100 Jahren war ich in Goch
. Zum Friseur, so wie immer, lediglich ein anderer Friseur. Ich hatte an dem Tag Pech und geriet scheinbar an eine Auszubildende. Damals trug ich meine Haare noch lang. Zuhause angekommen, fiel meine damaligen Frau Bianca die Kinnlade runter. Sie war so was von böse, dass sie mich, kaum dass ich Das Haus betreten hatte wieder zu dem Friseur schickte. Ich gehorchte. Peinlich berührt erzählte ich dort, dass ich das noch nicht so perfekt fand. Dass meine Frau mich zurück geschickt hatte, traute ich mich nicht zu sagen. Aber auch dieser zweite Besuch war ein Schlag ins Wasser. Kaum war ich zuhause, packte mich Bianca und fuhr mit mir zum Friseur. Nun wißt ihr, warum ich schon seit ewigen Zeiten kurzes Haar trage. Zum Schaden der Friseure, denn seither hat mir Bianca und später ich selber mir dann die Haare geschnitten.

Auf dem Campingplatz konnte ich das gerade nicht, denn meine professionelle Haarschneidemaschine lag in einem Karton, in unserem Hangar, seit gestern. Und natürlich hätte ich weder die entsprechende Kiste noch den Haarschneider gefunden. Also beschloss ich zu meinem Wohlbefinden den Friseurladen zu betreten und zu fragen, ob sie Zeit für mich haben.

Mehrere Frauen und ein Mann liefen beschäftigt umher oder bearbeiteten gerade feuchte oder lockengewickelte Köpfe. Der Mann sah mich stehen und kam auf mich zu. Ich fragte ihn, ob ich eine Chance auf einen Termin hätte. Er drehte sich etwas zur Seite, rief einen Namen und fragte ob die Person gerade frei wäre. Zu meiner großen Freude gab es für mich nicht nur die Möglichkeit eines Termines sondern auch eine supernette, gut aussehende Thailänderin.

Ich solle mich ausziehen. Sie meinte nur die Jacke. Und nun dort hinsetzen. Was ich mir den vorstellte. Tja … also alles auf drei Millimeter, Oben auf dem Kopf, den Bart und den Schnauzer. Sie schnappte sich ihren professionellen Bartschneider und schon ging es los. Wechsel zu einem feinen und kleinen Gerät um die Lippen und Ohren und schon sah ich wieder ganz normal aus. Ob ich die Haare auch gewaschen haben möchte? Ich dachte, egal, was kostet die Welt? Heute nehme ich alles mit. Dann kommen Sie mal hier rüber. Etwas weiter hinten im Lokal gab es mehrere Waschtische. Ich stampfte meiner Friseurin hinterher. Nee, sagte sie, ich müsse mich in den Stuhl setzen, sonst könne sie mir die Haare ja nicht waschen. Alle anderen lachten.

Mit großer Zärtlichkeit machte sie sich an die Arbeit das zu waschen, was ja eigentlich nun gar nicht mehr da war. Aber diese Massage war göttlich. Ich überlegte, ob ich nicht nur die Massage buchen könnte. Täglich… nach dem Frühstück. Dann durfte ich wieder zurück zum Föhnen und etwas in die Haare schmieren. Ob es mir gefiel? Breites Grinsen und überzeugendes "oui" rausgebracht. Ab zur Kasse. Bar oder mit Karte? Wieviel, fragte ich? 10 €! Wie jetzt, die Zeit, der Arbeitsaufwand, der Stundenlohn, die Materialkosten, die Steuern und dann nur 10 €?

Ganz aufgeregt erzählte ich das Maelle, die sich sofort für den nächsten Tag auch einen Termin sicherte.